Musikschul-Skandal: Sechs Jahre lang keine Konsequenzen

Ein Mädchen, das von ihrem Musikschullehrer Unterwäsche bekommt, oder eine 11-Jährige, die per SMS aufgefordert wird, zur Toilette zu kommen. Dazu auch noch „Liebesbekundungen“ des Pädagogen gegenüber minderjährigen Schülerinnen.
Nach dem Missbrauchsskandal an einer Musikschule im Weinviertel gibt es in Niederösterreich die nächste Affäre an einer musischen Bildungseinrichtung. Am 23. Dezember wurde nach einer Krisensitzung im Bezirk Bruck an der Leitha ein lang gedienter Musiklehrer mit sofortiger Wirkung entlassen. Dem KURIER liegen in der Causa diverse Protokolle und Aussagen von Eltern vor, deren Kindern gegenüber sich der Pädagoge „anstößig“, „frivol“ und „anrüchig“ verhalten haben soll. Das Musik & Kunst Schulen Management Niederösterreich (MKM) und die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha als Dienstaufsichtsbehörde nehmen die Anschuldigungen „sehr ernst“ und haben zur Klärung des Sachverhaltes ein Verfahren eingeleitet.
Parfum und Pralinen
In Niederösterreich werden alle Musikschulen von den Gemeinden betrieben. Die Musikschulerhalter agieren unabhängig und haben auch die Personalhoheit in ihrer Schule.
Im Jahr 2016 sollen aus dem Lehrerkollegium und der Direktion deshalb erstmals disziplinäre Missstände den Lehrer betreffend an die Gemeinde Himberg gemeldet worden sein. Nachdem sich die Vorfälle häuften, sollen der Amtsleiter und politische Vertreter in weiterer Folge mehrmals von der Direktorin über die „sexuell anstößige“ Art des Lehrers informiert worden sein.
Kindern gegenüber soll der Pädagoge Aussagen getätigt haben, wonach ihn die roten Haare eines Mädchens „ganz scharf machen“ würden. Eine Betroffene berichtet gegenüber dem KURIER, dass solche Aussagen auch „attraktiven Müttern“ gegenüber keine Seltenheit waren. Am liebsten seien sie dem Lehrer deshalb aus dem Weg gegangen.
Minderjährigen Schülerinnen soll der Pädagoge seine „Liebe“ bekundet und sie auch mit Parfum oder Pralinen beschenkt haben. Als Anfang des Schuljahres die Eltern einer Sechs- und einer Neunjährigen die Kinder unabhängig voneinander vom Unterricht bei dem Mann abmeldeten, wurde die Direktorin stutzig und fragte nach. Ein Mädchen hatte Weinanfälle und wollte partout nicht mehr zu dem Lehrer. Er habe einem der Kinder gegenüber schlüpfrige und unpassende Witze über dessen Körper und Kleidung gemacht, berichten die Betroffenen.

Bürgermeister Ernst Wendl (SPÖ)
Den Müttern wurde empfohlen den Bürgermeister von Himberg, Ernst Wendl (SPÖ), einzuschalten, was sie auch taten. Es hätte daraufhin ein klärendes Gespräch mit dem Pädagogen gegeben, dienstrechtliche Konsequenzen gab es jedoch keine. Stattdessen kam es zu einem Zerwürfnis mit der Direktorin, die sich seither im Krankenstand befindet.
Lehrer wehrt sich
Im Dezember eskalierte die Lage. Nachdem sieben Eltern schwere Vorwürfe gegen den Mann erhoben, kam es am 22. Dezember zu einer Krisensitzung. Mit dabei waren neben Wendl und einem Anwalt der Gemeinde auch das Musik & Kunst Schulen Management sowie Bezirkshauptmann Peter Suchanek.
„Aufgrund der Schilderungen der Eltern mussten wir sofort reagieren. Es wurde eine Entlassung ausgesprochen“, erklärt der Bürgermeister. Laut seiner Auskunft will der betroffene Lehrer sie gerichtlich anfechten.
Wieso die Gemeinde in dem Fall nicht schon viel früher reagiert hat, erklärt der Bürgermeister damit, dass er erst in der Sitzung von dem Ausmaß erfahren habe. Dem KURIER liegen allerdings Unterlagen und Aussagen vor, wonach Wendl schon viel früher darüber in Kenntnis war. „Ich bin erst seit 2019 Bürgermeister, und davor hatte ich als Vizebürgermeister andere Sorgen und Aufgaben“. Den betroffenen Lehrer schätze er als Pädagogen mit jahrzehntelanger Erfahrung.
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