Muslime unerwünscht? „Mir ist egal, wo jemand ein Haus kauft“

Laut eines Schreibens des Bürgermeisters hat dieser "kein Interesse" am Zuzug von Familien mit muslimischem Glauben.
Bürgermeister will eine muslimische Familie nicht im Ort leben lassen. Die Bürger sehen die Angelegenheit entspannter.

„Ach, diese Geschichte von Facebook.“

Der am Samstag erschienene und oft geteilte KURIER-Artikel über die palästinensische Familie Abu El Hosna, die in der niederösterreichischen Gemeinde Weikendorf laut eines Schreibens des Bürgermeisters aufgrund ihres muslimischen Glaubens nicht willkommen sein soll, sorgt in der 2.000-Seelen-Gemeinde am Wochenende für Gesprächsstoff.

Seinen Namen will keiner der vom KURIER Befragten in der Zeitung lesen, beim einzigen Wirt im Ort, dem Gasthaus Nina, nahmen sich aber dennoch einige der Bürger Zeit, um ihre Gedanken zum Thema preiszugeben.

Probleme mit Mitbürgern gebe es zwar immer wieder einmal, heißt es da, aber nicht mehr als anderswo auch. Und ob diese neuen Mitbürger aus dem Ausland sind oder nicht, sei grundsätzlich egal, meint einer: „Auch viele österreichische Zuzügler sondern sich ab und integrieren sich nicht sonderlich in die Dorfgemeinschaft.“

Die besteht wie in so vielen anderen Gemeinden dieser Größenordnung hauptsächlich im regen Vereinsleben. „Wir haben Türken im Fußballverein, Integration ist bei uns kein Problem, wenn die Bereitschaft dazu da ist“, meinte eine Weikendorferin, die sich deshalb auch nicht vorstellen kann, dass ihr Bürgermeister tatsächlich etwas gegen muslimische Gläubige habe. Er sei halt, so der Tenor unter den Anwesenden, eine „Autoritätsperson, bei der viel davon abhängt, wie man ihm begegnet.“

Idylle nahe von Wien

Persönlich anzutreffen war Ortschef Johann Zimmermann (ÖVP) übrigens nicht. Er weilt derzeit in Russland und sei wohl auch deshalb für den KURIER nicht erreichbar gewesen, mutmaßen die anwesenden Gäste. Die von der ÖVP dominierte Gemeinde im Marchfeld – die Volkspartei hält mit 13 Mandaten die absolute Mehrheit, die SPÖ hat 5, die FPÖ 1 Mandat im Gemeinderat – liegt direkt neben Gänserndorf und ist mit der Nordbahn und der B8 verkehrstechnisch gut erschlossen.

Weikendorf ist eine beliebte Zuzugsgemeinde

Seit 2013 nimmt die Bevölkerung nach einem leichten Rückgang über mehrere Jahre hinweg wieder konstant zu. Die Nähe zu Wien ist für viele der Hauptgrund, sich hier im wachsenden Speckgürtel anzusiedeln.

Eine Fahrt durch den Ort zeigt, warum: Ein schmuckes Einfamilienhaus reiht sich an das nächste. In den gepflegten Vorgärten wird am Samstag Rasen gemäht, auf den Straßen ist nicht viel los, das schöne Wetter am ersten Tag des Wochenendes will genutzt werden.

„Grundsätzlich ist das überhaupt kein Problem für mich, wer wo ein Haus kauft – solange das Geld dafür vorhanden ist. Seine Nachbarn kann man sich ja nicht aussuchen“, sagt einer der einheimischen Gäste beim Wirt und kann sich nicht vorstellen, dass die Gemeinde in so einem Fall überhaupt ein Mitspracherecht hat: „Wenn ich mir privat ein Haus kaufe, frage ich ja auch nicht den Bürgermeister, ob ich das darf.“

Bürgermeister hat "kein Interesse"

Tatsächlich aber hat ÖVP-Bürgermeister Zimmermann in einem Schreiben an die Grundverkehrskommission, das dem KURIER vorliegt, kund getan, dass „kein Interesse“ am Zuzug der Abu El Hosnas in seiner Gemeinde bestehe.

„Die unterschiedlichen Kulturkreise der islamischen sowie der westlichen Welt“ würden „in ihren Wertvorstellungen, Sitten und Gebräuchen weit auseinanderliegen“, schreibt der Ortschef. Diese ziehe sich bis ins gesellschaftspolitische Leben.

Muslime unerwünscht? „Mir ist egal, wo jemand ein Haus kauft“

Ein Auszug aus dem Schreiben des Weikendorfer Bürgermeisters.

Bürger finden: „Alles kein Problem“

Derzeit liegt der Ausländeranteil in Weikendof mit 9,65 Prozent unter jenem des Bezirks Gänserndorf mit 11,41 Prozent oder Österreichs mit 16,24 Prozent. Auch wenn dieser 2012 noch bei 7,25 Prozent lag, die Weikendorfer im Gasthaus haben nicht das Gefühl, dass in ihrer Gemeinde zu viele Ausländer leben. „Bei uns gibt es Türken, Rumänen, Kroaten – alles kein Problem“, sagt ein weiblicher Gast, gibt aber auch zu bedenken, dass „eine andere Kultur natürlich zum Problem werden kann, wenn kein Integrationswille vorhanden ist.“

Muslime unerwünscht? „Mir ist egal, wo jemand ein Haus kauft“

Khalid Abu El Hosna (3. v. re.), mit Frau und vier der neun Kinder. Die Familie kämpft um ihr Recht.

Genau diesen haben die Abu El Hosnas seit ihrer Ankunft 2010 aber mehrfach unter Beweis gestellt. Das Familienoberhaupt, Vater Khalid Mansor (43), unterrichtete in seiner ehemaligen Heimat Gaza Englisch an der Pädagogischen Hochschule. Im Jahr 2010 flüchtet die Familie nach Österreich, erlangte Asylstatus, lernte Deutsch. Mit dem mittlerweile geschlossenen orientalischen Restaurant „Castle“ auf der Wiener Laxenburger Straße haben sie sich eine Lebensgrundlage geschaffen, der Umzug der elfköpfigen Familie nach Weikendorf stand an.

Jetzt hofft die Familie ebenso wie ihr Anwalt auf eine positive Entscheidung der niederösterreichischen Grundverkehrskommission. Die Ablehnung des Bürgermeisters zeige zwar „eine gewisse politische Haltung“, sei aber „keine beachtenswerte Erklärung laut den Bestimmungen des Gesetzes“.

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