Milliardengeschäft: Regierung arbeitet an neuer Mountainbike-Strategie

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Die Wexl Trails in NÖ sind Sitz der neuen Mountainbike-Koordinationsstelle des Bundes. Vier Ministerien wollen Lösungen. Ein Drittel der Sommertouristen kommt zum Radfahren.

Das Match um die Herrschaft im Wald lautet seit Jahrzehnten Förster, Jäger und Waldbesitzer gegen eine Gruppe von Sport- und Freizeitbegeisterten auf zwei Rädern.

Der Konflikt ist so alt wie die Geschichte des Mountainbikesports selbst. Als Ende der 1980er-Jahre die ersten Sportler auf geländegängigen Rädern über Stock und Stein bretterten, kam es rasch zu unliebsamen Begegnungen mit jenen, die das wenig freute.

Das Forstgesetz von 1975 lässt keinen Spielraum zu. Es erlaubt zwar jeder Person, den Wald zu Erholungszwecken völlig frei und uneingeschränkt zu nutzen. Allerdings nur zu Fuß. Mountainbiken ist nur auf extra dafür ausgewiesenen, beschilderten Strecken erlaubt.

Wer dagegen verstößt, dem drohen Verwaltungsstrafen in der Höhe von 150 bis 730 Euro.

Vier Ministerien im Boot

Weil mit dem boomenden Radtourismus – Studien zufolge kommt bereits ein Drittel aller Sommergäste zum Radfahren nach Österreich – das Problem und die Konflikte zunehmen, feilt die Politik an einer Zukunftsstrategie. Österreich bekommt deshalb erstmals eine Mountainbike-Koordinationsstelle – "als Start für die Entwicklung einer österreichweiten Mountainbike-Strategie“ , wie die vier zuständigen Ministerien Sport, Forst, Tourismus und Mobilität diese Woche bekannt gegeben haben.

Den Zuschlag haben mit Karl Morgenbesser und Thorsten Schmitz (Konnekt GmbH) zwei Vollprofis erhalten. Schmitz war jahrelang CEO des Handelsriesen Intersport, und Morgenbesser kann sich die wohl bekannteste Erfolgsgeschichte einer Mountainbike-Destination auf seine Fahnen heften.

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Karl Morgenbesser feiert mit den Wexl-Trails Erfolg

Nachdem 2013 die schwer defizitären Skilifte in St. Corona am Wechsel (Bezirk Neunkirchen) abgebaut wurden, hat er die totgesagte Krisenregion zum touristischen Vorzeigeprojekt Niederösterreichs entwickelt.

Das ganzjährige Bergerlebniszentrum mit dem Bikepark Wexl Trails, Motorikpark, Sommerrodelbahn und einem kleinen Kinderskiland für den Winter, zählt heute über 200.000 zahlende Tagesgäste und mehr als 250.000 Ankömmlinge im Ort.

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Bikeparks erleben einen Boom

Ein zweiter Bike-Lift

Am Wechsel hat man das Kunststück geschafft, zusammen mit Grundeigentümern, Jägern und Naturnutzern ein ganzjähriges Bikeangebot zu etablieren. "Das Nutzungskonzept ist auf einem breiten Konsens aufgebaut“, verrät Morgenbesser. In wenigen Tagen eröffnen die Wexl Trails bereits den zweiten Bike-Schlepplift.

Oberstes Ziel der neuen Mountainbike-Strategie ist, "der großen Nachfrage an Mountainbikestrecken gerecht zu werden und damit den Tourismus zu fördern“. Das bedeutet aber auch, dass eine gewisse Kanalisierung stattfinden muss – mit mehr Bikeparks und offiziell befahrbaren Strecken.

Trend kann man nicht aufhalten

Dabei soll unter Einhaltung von Grund- und Eigentumsrechten der Naturschutz berücksichtigt werden. "Die Technik schreitet voran und es werden immer mehr Mountain- und vor allem E-Biker. Diesen Trend kann man nicht aufhalten, daher braucht es die entsprechenden Rahmenbedingungen und Regeln“, erklärt Morgenbesser.

Thorsten Schmitz

Thorsten Schmitz.

Bei den Wexl Trails habe man am Standort der landeseigenen Ecoplus Alpin GmbH "vorbildlich verstanden, Gemeinden, Grundeigentümer und weitere Anspruchsgruppen einzubinden – über Verträge hinaus ist eine echte Partnerschaft entstanden“, sagt Ecoplus-Aufsichtsratsvorsitzender Kurt Hackl (ÖVP).

"Die erfreuliche Entwicklung wird international anerkannt und kommt jetzt auch durch den Sitz der bundesweiten Mountainbike-Koordinationsstelle in St. Corona am Wechsel zum Ausdruck.“

Saisonverlängerung in Tourismusgebieten

Welche Bedeutung gerade der Mountainbikesport für den Tourismusstandort Österreichs hat, versucht Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP) zu erläutern: "Rad- und Mountainbike-Angebote leisten nicht nur einen Beitrag zur Saisonverlängerung, sondern auch zur regionalen Wertschöpfung. Um dieses Potenzial nachhaltig zu nutzen, braucht es eine ausbalancierte und breit akzeptierte Strategie, die das gesamte Spektrum – vom Mountainbiken über E-Bikes bis hin zu Gravel Roads – abdeckt“, so Zehetner.

Mit der neu eingerichteten Koordinationsstelle will man gerade für den Breitensport neue Angebote schaffen, so Sport-Staatssekretärin Michaela Schmidt (SPÖ).

Es ist die Aufgabe von Schmitz, Morgenbesser und ihrem Team, ein Konzept bis 2026 vorzulegen, wie das genau funktionieren soll. Auf Basis der Ergebnisse sollen Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie durchgeführt werden.

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