Bluttat in Traiskirchen: Mörder heuerte in einer Autowerkstatt an

Nach der Bluttat richtete sich der Täter in einem Weingarten
Nach der Bluttat in Traiskirchen, bei der ein Freigänger am Sonntag einen 55-jährigen Nebenbuhler erschossen und seine 25-jährige Ex-Freundin angeschossen und schwer verletzt hat, will bzw. muss die Justiz bei der Einschätzung von Risikotätern nachschärfen. Im Ministerium gesteht man in dem Fall Fehler ein.
Wie vom KURIER berichtet, hat man bei der Risikoanalyse des schwer kriminellen Gewaltverbrechers in der Justizanstalt Wiener Neustadt ordentlich gepatzt.
Gefahr nicht richtig eingeordnet
Die tatsächliche Gefahr, die von dem 66-jährigen Rotlichtlicht-Kapo, der gut zwei Drittel seines Erwachsenenlebens hinter Gitter verbrachte, ausging, sei „nicht frühzeitig genug erkannt oder richtig eingeordnet werden“, gestand das Justizministerium in einer Stellungnahme ein.
Die angeschossene 25-Jährige hatte Josef P. nach einem tätlichen Angriff im Herbst 2024 angezeigt und damit ins Gefängnis gebracht. Weil er sie attackiert, genötigt und geschlagen hatte, wurde der Ex-Bordellbesitzer am 4. Februar 2025 am Landesgericht Wiener Neustadt zu einer einjährigen, unbedingten Haftstrafe verurteilt. Eigentlich sollte die Haft auch dazu dienen, das Opfer zu schützen.

Traiskirchen am vergangenen Sonntag: Josef P. tötete einen Nebenbuhler und schoss auf seine Ex.
Doch es kam anders. Wie der KURIER erfuhr, entschied man in der Justizanstalt nur zwei Monate nach dem Urteil, den 66-Jährigen wieder in die Freiheit zu entlassen. Und zwar in Form genehmigter Ausgänge aus der Strafanstalt. Zunächst tageweise von in der Früh bis zum Abend und später auch von Freitag bis Sonntag über das Wochenende.
Suche nach Personal
Dies bestätigt auch ein bekannter Wiener Neustädter Unternehmer. Er betreibt eine Autowerkstätte in der Region. Der Firmenchef sucht immer wieder händeringend Personal. „Besonders jemanden, den man tageweise beschäftigen kann. Es ist nicht leicht derzeit jemanden zu finden.“ Deshalb hatte er Stellen auch beim Arbeitsmarktservice ausgeschrieben.
So sei es dazu gekommen, dass Josef P. bei ihm in der Firma angeheuert hat. Im Mai sei er sich als Freigänger aus dem Gefängnis vorstellen gekommen. Dass es sich um einen verurteilten Straftäter handelt, habe der Firmeninhaber deshalb auch gewusst. Angemeldet war die berufliche Tätigkeit des 66-Jährigen ja offiziell bei der Justiz. „Wir haben ihn stundenweise bezahlt.“
Körperverletzung, Nötigung, Zuhälterei und vieles mehr
Das ganze Ausmaß der gut 40-jährigen kriminellen „Karriere“ des früheren Rotlicht-Königs kannte man in der Fachwerkstätte aber nicht. Auf das Konto des berüchtigten Rotlicht-Kapos ging seit den 1970er-Jahren schwere Körperverletzung, Nötigung, Zuhälterei, Juwelenraub, Einbruch, Diebstahl, Erpressung, Drogenhandel, illegaler Waffenbesitz und mehr.
„Ich habe mir gedacht, was kann er schon großartiges anstellen bei uns“, schildert der Unternehmer, der anonym bleiben möchte. Die Aufgaben von Josef P. beschränkten sich auf Überstellungen und Abholungen von Gebrauchtfahrzeugen, Botenfahrten, Autowäsche und nicht viel mehr.
„Das alles hat problemlos funktioniert“, erklärt der Firmeninhaber. Drei Mal sei er für ihn in Salzburg gewesen, um Autos abzuholen und zu überstellen, weiter war er für die Firma nicht unterwegs.
Foto des späteren Opfers gepostet
In dem Zeitraum seiner Beschäftigung hatte der 66-Jährige bereits mehrmals Hafturlaub über das gesamte Wochenende. Das Facebook-Profil des Häftlings kannte der Unternehmer nicht. „Weil ich selbst nicht auf Facebook bin“, wie er erklärt.
Dort postete Josef P. seit Mai nicht nur regelmäßig von seinen Freigängen, Botenfahrten und Besuchen im Kaffeehaus, sondern auch Beiträge, die als Ankündigung seiner geplanten Bluttat verstanden werden könnten. Am 1. Mai beispielsweise: „Unterschätze nie einen Menschen, der einen Rücktritt macht. Er könnte Anlauf nehmen.“ Er dürfte die Amoktat verklausuliert angekündigt haben. „Es dauert nicht mehr lange, die Freude wird groß sein“, so ein Eintrag. Außerdem postete er ein Foto von seiner 25-jährigen Ex mit dem Hinweis: „Ich warte auf meinen Einsatz.“
Stunden vor der Bluttat
Auch am vergangenen Freitag, also zwei Tage vor der Bluttat in Traiskirchen, war Josef P. tagsüber in der Autowerkstätte beschäftigt. „Er war so wie immer. Mir ist nichts Besonderes an ihm aufgefallen“, sagt der Autohändler im Gespräch mit dem KURIER.
Nach der Arbeit habe er den Betrieb in Richtung Justizanstalt verlassen. „Er hat erzählt, er müsse kurz ins Gefängnis, um sich zu melden. Danach habe er das ganze restliche Wochenende Freigang“, so der Firmenchef.

Polizeiaufgebot vor dem Mord-Schauplatz
Zwei Schüsse vor Imbisslokal
Wenige Stunden nach diesem Gespräch fuhr der 66-Jährige mit einer Bockbüchsflinte mit Flintenlaufgeschossen Sonntagvormittag nach Traiskirchen. „Um Rache zu nehmen“, wissen die Mordermittler des Landeskriminalamtes heute. Rache an seiner 25-jährigen Ex-Freundin und deren neuem Partner.
Der 55-jährige Imbissbetreiber Thomas H. war früher selbst ein Freund von Josef P., bis er im Februar im Prozess gegen den 66-Jährigen aussagte. Seither war er auch mit der Ex des Rotlicht-Königs liiert. Das war anscheinend sein Todesurteil.
Josef P. tötete ihn mit einem Schuss aus nächster Nähe in die Brust, die 25-Jährige traf er mit dem zweiten Schuss in die unteren Extremitäten. Sie wurde schwer verletzt mit dem ÖAMTC-Notarzthubschrauber ins AKH nach Wien geflogen und notoperiert.
Gegen den Hochrisikotäter bestand seit 1985 ein aufrechtes Waffenverbot. Die Kriminalisten sind kurz davor zu klären, wo er die Waffe her hatte.
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