Freigang nur für "nicht besonders gefährliche" Straftäter

Justizstrafanstalt Simmering
Was sind die Voraussetzungen und wie läuft ein Haftausgang ab?

Josef P. hat als „Freigänger“ am Sonntag in Traiskirchen einen Mann getötet und eine Frau schwer verletzt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

Was bedeutet „Freigang“?

Ein „nicht besonders gefährlicher Strafgefangener“, wie es im Strafvollzugsgesetz heißt, kann Freigang beantragen, wenn er nur noch drei Jahre Haft vor sich hat. Etwa, um außerhalb der Justizanstalt arbeiten zu gehen oder eine Ausbildung zu machen. Maximal zwölf bzw. mindestens drei Monate vor dem Haftende beginnt generell der sogenannte Entlassungsvollzug. Der Freigang ist dazu gedacht, sich auf das Leben in Freiheit vorzubereiten.

Wie läuft das ab?

Es beginnt mit kleinen Schritten wie einzelnen Terminen zur Job- und Wohnungssuche, für die ein Häftling die Justizanstalt verlassen darf – anfangs begleitet, später alleine. Dabei wird seine „Paktfähigkeit“ überprüft, wie eine Sprecherin des Justizministeriums erklärt: Kommt er pünktlich wieder zurück, hält er seine Auflagen wie ein Alkoholverbot ein? Wenn ja, dann kann der Freigang regelmäßiger werden – etwa für die erwähnte Arbeit oder Ausbildung – und sich sogar über ein Wochenende erstrecken, um Zeit mit der Familie zu verbringen.

Was sind die Voraussetzungen?

Auf die Entlassungsvorbereitung hat jeder Inhaftierte einen Anspruch. Ab wann und mit welchen Schritten (und Freiheiten), hängt freilich vom Einzelfall ab und wird in einem „Vollzugsplan“ festgelegt – und zwar von einem interdisziplinären Team aus Justizwachebeamten und Vertretern der Arbeitsstätte in der Justizanstalt sowie des sozialen und psychologischen Dienstes. Beurteilt wird dabei auch seine Gefährlichkeit.

Wie wird die Gefährlichkeit geprüft?

In der Haft werden Insassen psychologisch betreut und ihre Entwicklung beobachtet. Soweit es die Ressourcen erlauben, versteht sich. Die Justizanstalten sind chronisch überbelegt. Aktuell liegt die Auslastung bei 109 Prozent (8.790 Personen auf 8.257 Plätzen).

„Risikotäter“ würden besonders genau beobachtet, wird im Ministerium betont, Lockerungen unterlägen zusätzlichen Berichts- und Berichtspflichten. Aktuell arbeite man am Projekt „Prison Intelligence“, mit dem die Einschätzung auf eine „strukturell noch breitere Basis“ gestellt werden soll.

Worum geht’s bei „Prison Intelligence“?

Laut Ministerium geht es um eine „systematische Sammlung, Analyse und Bewertung sicherheitsrelevanter Informationen“ innerhalb und im Umfeld der Justizanstalt, um Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und Risiken einzuschätzen. Eine Quelle kann (und das wird beim Fall Josef P. interessant, siehe links) auch das Verhalten in den sozialen Medien sein.

Derzeit liege der Fokus des Projekts auf den Bereichen Terrorismus und Organisierte Kriminalität, nun soll dieser auf den Bereich Gewaltschutz ausgeweitet werden. „Nur durch differenzierte Analysen und angepasste Standards können Sicherheitsrisiken frühzeitig erkannt und tragische Fälle bestmöglich verhindert werden“, so die Ministeriumssprecherin.

Allerdings: Auch der schlimmste Gewalttäter mit der schlechtesten Prognose kommt (in der Regel) irgendwann frei. Und sobald dieser seine Strafe verbüßt hat, ist er an keine Auflagen mehr gebunden.

Kann man gefährliche Gewalttäter dauerhaft wegsperren? 

Auf unbestimmte Zeit geht das nur im Rahmen des Maßnahmenvollzugs, der allerdings schon im Urteil fixiert werden muss. Dazu muss ein psychiatrischer Gutachter festgestellt haben, dass der Beschuldigte die Tat „unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung begangen“ hat – unterschieden wird nur noch, ob er dabei zurechnungsfähig war oder nicht. Die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum dauert dann so lange, wie der Straftäter als gefährlich eingestuft wird.

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