Mord in Edlitz: Hoher Bankmanager unter Mordverdacht
Eine unerwartete Wende hat am Dienstag der Krimi um den Mord an einer vermögenden Pensionistin aus dem südlichen Niederösterreich genommen. Ein Banker und Vermögensberater aus der obersten Management-Etage ist der dringend Tatverdächtige in dem Fall. Er soll die pensionierte Baumeisterin Emma Schwarz (85) bereits mehr als zwei Jahrzehnte in Finanz- und Anlegerfragen vertreten und ihr Vermögen verwaltet haben. Erich Habitzl von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt bestätigte dem KURIER, dass sich Opfer und der mutmaßliche Täter aufgrund von Bankgeschäften gekannt haben.
Neue Details im Mordfall an 85-jähriger Pensionistin
Der 61-jährige Akademiker und Gerichtssachverständige für das Bankenwesen war laut Ermittlungen der Raub- und Tatortgruppe des Landeskriminalamtes Montagabend im Haus der pensionierten Bauunternehmerin in der Gemeinde Thomasberg (Bezirk Neunkirchen). Aus welchem Grund genau, ist noch Gegenstand von Ermittlungen. Den Spuren nach zu folgen, dürfte die Lage eskaliert sein. Einem unmittelbaren Nachbarn der 85-Jährigen waren gegen 20.30 Uhr seltsame, laute Geräusche aufgefallen, weswegen der besorgte Mann nach dem Rechten sehen wollte. Als er das Grundstück betrat und läutete, sah er einen Mann aus dem Fenster springen und in Richtung eines Waldstücks flüchten. Der Nachbar nahm die Verfolgung auf, verlor in der Dunkelheit aber nach kurzer Zeit die Spur des Unbekannten.
Weil die Pensionistin anschließend nicht die Haustüre öffnete, verständigte der Nachbar die Polizei. Mittels einer Leiter konnten die Beamten durch das geöffnete Fenster die leblos am Boden liegende Frau wahrnehmen. „Sofort durchgeführte Reanimationsversuche blieben aber ohne Erfolg“, erklärt Heinz Holub von der Landespolizeidirektion. Das Opfer dürfte mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen worden sein.
Großfahndung
Weil der flüchtige Tatverdächtige zu Fuß nicht weit gekommen sein konnte, wurde in der Umgebung des Tatortes sofort eine Großfahndung aufgezogen. Bei den Auf- und Abfahrten an der Südautobahn wurden schwer bewaffnete Polizeibeamte stationiert, das Sondereinsatzkommando Cobra, Polizei-Suchhunde und ein Hubschrauber des Innenministeriums konzentrierten sich auf die Suche im Wald.
Als die Polizei bereits davon ausging, dass ihnen der Gewalttäter entwischt sei, langte gegen 23.30 Uhr eine völlig überraschende Meldung per Funk ein. Ein Fußgänger hatte in etwa fünf Kilometer Entfernung vom Tatort bei Grimmenstein-Warth versucht, die Südautobahn zu Fuß zu überqueren. Dabei war der Mann in einen polnischen Sattelschlepper gelaufen. Das Führerhaus wurde bei dem Anprall beschädigt. Der Schwerverletzte blieb benommen auf dem Pannenstreifen liegen.
„Ich habe noch versucht, das Steuer zu verreißen, aber er ist mir genau hinein gelaufen“, schilderte der Lkw-Lenker später im Gespräch mit dem KURIER. Er habe sich noch gewundert, wieso plötzlich schwer bewaffnete und vermummte Polizisten an der Unfallstelle auftauchten.
Es lag sofort der Verdacht nahe, dass es sich auf Grund der Umstände um den Flüchtigen handeln könnte. Noch auf der Autobahn wurden mit dem Handy Bilder von dem Mann angefertigt und an die Beamten am Tatort geschickt. Der Augenzeuge, der den Mann verfolgt hatte, konnte ihn darauf als möglichen Täter erkennen.
Ein weiteres Puzzlestück lieferte die Durchsuchung des Verunglückten. Bei dem 61-jährigen Banker wurden in den Hosentaschen belastende Beweise entdeckt, die ihn mit der Tat in Verbindung bringen. Ein Autoschlüssel gehörte zur Limousine einer Leihwagenfirma, die auf dem Anwesen des Mordopfers geparkt stand. Der Wagen wurde bereits von der Spurensicherung erkennungsdienstlich behandelt.
Der besorgte Nachbar hatte dem Flüchtenden anscheinend den Weg zum Auto abgeschnitten, worauf dieser zu Fuß türmte.
Obduktion
Weitere Aufschlüsse erwarten sich Raubermittler und Staatsanwaltschaft durch die Obduktion des Opfers und die Befragung des verdächtigen Bankers. Er wurde im Landesklinikum Wiener Neustadt operiert und soll bereits in ein paar Tagen ansprechbar sein, Lebensgefahr besteht keine, bestätigt Habitzl. Derzeit geht man davon aus, dass es bei dem tödlichen Konflikt um Geld ging.
„Was die Familie erleiden musste, ist unfassbar“
Erschüttert über die Tragödie ist man vor allem in der kleinen Gemeinde Thomasberg. „Was diese Familie schon erleiden musste, ist unfassbar.“ Bürgermeister Engelbert Ringhofer kannte das Mordopfer sehr gut. Die Familie ist sehr angesehen. Erst vor drei Jahren sind die Schwester des jetzigen Opfers und deren Ehemann bei einer Home-Invasion nur knapp dem Tod entronnen.
Die Häuser der beiden Schwestern liegen in Thomasberg bei Edlitz nur einen Steinwurf voneinander entfernt.
Im Februar 2016 wurden der damals 88-jährige Franz K. und seine Frau Anna Maria von Räubern zu Hause überfallen.
Der pensionierte Lehrer aus dem Bezirk Neunkirchen hatte zuvor einem jungen Rumänen geholfen, in Österreich Fuß zu fassen. Als „Dankeschön“ wurden er und seine Frau bei dem Coup von einer fünfköpfigen rumänischen Bande brutal misshandelt und ausgeraubt.
Den Jüngsten der Truppe hatte der Pensionist zuvor unter seine Fittiche genommen und ihm für Gärtnerarbeiten Geld und Deutschunterricht gegeben. Der Rumäne siedelte sich schließlich ganz in der Nähe an. Als einige seiner Landsleute Renovierungsarbeiten bei einem Nachbarn durchführten, fassten sie den Plan, das Ehepaar auszurauben.
Beim späteren Prozess in Wiener Neustadt gegen die fünf Verantwortlichen der Home-Invasion mussten sich die Opfer die schrecklichen Erlebnisse noch einmal in Erinnerung rufen.
Das Paar aß gerade zu Abend, als die vermummten Männer hereinkamen und die Pensionistin brutal niederschlugen, sodass sie in einer Blutlache liegen blieb. „Ich wollte ihr helfen, aber ich war ein Zündhölz’l gegen dieses Kaliber“, sagte Franz K. damals aus. Die Angreifer schlugen so fest zu, dass sie dem Rentner den Ellenbogen brachen. Danach durchsuchten sie das Haus nach Wertgegenständen und Bargeld. Die Beute machte nur 480 Euro und ein Sparbuch aus. Vier von fünf Beteiligten fassten langjährige Haftstrafen aus.
Das Martyrium hat das betagte Paar nie richtig verkraftet. Franz K. starb einige Zeit nach dem Überfall. Nun hat die 87-jährige Ehefrau auch noch ihre Schwester durch ein weiteres tragisches Ereignis verloren.
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