Mediziner macht gegen Gesundheitshotline 1450 mobil

Zogen nach einem knappen Jahr "1450- Ihre telefonische Gesundheitsberatung" erfolgreich Bilanz: v.l.: Christof Chwojka (Notruf NÖ), Ludwig Schleritzko (Landesrat NÖ und NÖGUS-Vorsitzender), Alexander Biach (Vorstandsvorsitzender, Hauptverband) und Volker Schörghofer (stellvertretender Generaldirektor, Hauptverband)
Arzt aus NÖ spricht von Schaden für die Patienten und sammelt in der Kollegenschaft Musterbeispiele.

Die telefonische Gesundheitshotline 1450 ist seit knapp einem Jahr in Betrieb. Seit der Corona-Krise kommt der telefonischen Beratung eine besondere Rolle zu. Sie soll vor allem niedergelassene Ärzte und Spitalsambulanzen entlasten.

Doch geht es nach dem Allgemein- und Notfallmediziner Oliver Rückert, ist die Hotline nichts anderes als der Versuch, ein „gut funktionierendes System durch ein schlechtes zu ersetzen.“ Der Arzt aus Wiener Neustadt hat deshalb in seiner Kollegenschaft einen Aufruf gestartet, Fälle in denen Patienten durch mangelhafte Beratung bei 1450 ein Schaden entstanden ist, zu dokumentieren.

Mediziner macht gegen Gesundheitshotline 1450 mobil

Mediziner Oliver Rückert ist kein Fan der Gesundheitshotline

„An dieser Hotline werden Algorithmen abgefragt und das nicht einmal von einem Mediziner. Dort kann niemand wirklich die gesundheitliche Situation beurteilen. Dafür gibt es uns Mediziner“, so Rückert. Corona habe die Lage laut dem Arzt noch zusätzlich verschärft. Niemand traue sich in eine Praxis, ohne vorher abgefragt zu haben, ob er eventuell Covid-19 hat. Während viele Hausärzte vermeiden wollen, dass Patienten mit Corona-Verdacht in ihre Räumlichkeiten kommen, hat Rückert damit kein Problem. „Ich behandle sie in einem Separee. Man kann den Leuten ja nicht zumuten, dass sie stundenlang in einer Warteschleife der Hotline hängen. Dann wird ihnen geraten, zu Hause zu bleiben und letzten Endes sterben sie an einer Sepsis“, findet der Arzt ein drastisches Beispiel.

Niemand geschädigt

Bei 1450 sei noch kein Fall bekannt, dass jemand durch „mangelnde Beratung“ zu Schaden gekommen ist. „Wir bestreiten mit den Ärzten keinen Wettkampf um Patienten“, sagt Stefan Spielbichler von „Notruf 144“ – zuständig für die Gesundheitsberatung in NÖ. Rückerts Ruf eilt ihm bei der Hotline voraus. Der Mediziner war einer jener Ärzte, der mit seiner Plattform „Freiwilligkeit“ gegen die verpflichtende Wochenendbereitschaft mobil machte.

Im September langten allein in Niederösterreich bei 1450 bisher 39.000 Anrufe ein. Daraus ergaben sich 4.500 Dringlichkeitsanalysen per Telefon. Corona-bedingt sind das um fast 1.400 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Abgearbeitet werden diese von diplomierten Pflegekräften, sagt Spielbichler. Knapp 1.000 dieser Beratungen hatten Notfalleinsätze zur Folge, 925 Mal gab es die Empfehlung, sofort den Hausarzt aufzusuchen.

„Unsere Spitzenzeiten haben wir freilich dann, wenn keine Ärzte erreichbar sind. Zum Beispiel Freitagnachmittag“, so Spielbichler. Dass Patienten aufgrund von Corona bei 1450 nicht beraten werden könnten, lässt er nicht gelten. „Der Standard-Anruf derzeit geht darum, dass sie eine Bestätigung benötigen, um beim Hausarzt in die Praxis zu kommen.“

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