Höheres Arbeitslosengeld wegen Teuerung? AMS-Landesgeschäftsführer wirft Diskussion an

Die Krisenstimmung, die derzeit wegen des Ukrainekrieges, der Teuerungswelle und der hohen Energiekosten um sich greift, ist am Arbeitsmarkt noch nicht angekommen. Nach wie vor sind die Arbeitslosenzahlen in Niederösterreich sehr niedrig.
„Wir sind selbst bei den Langzeitarbeitslosen um 20 Prozent unter dem Niveau vor der Krise und wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit elf Jahren. Es ist also wirklich eine sehr beachtliche Situation, die wir im Moment am niederösterreichischen Arbeitsmarkt beobachten“, sagt Landesgeschäftsführer Sven Hergovich vom Arbeitsmarkservice (AMS) Niederösterreich im Gespräch mit dem KURIER auf SchauTV.
"Situation bereitet uns Sorge"
Was allerdings schon bemerkt wird und Sorgen bereitet: Es gibt immer mehr Rückmeldungen von Arbeitssuchenden, die wegen der Teuerungen mit ihrem Arbeitslosengeld kaum mehr das Auskommen finden.

AMS NÖ-Chef Sven Hergovich
Hergovich: „Wir bekommen sehr viele Briefe, Nachrichten von Arbeitssuchenden, die uns mitteilen, dass es immer knapper wird für sie, den Lebensunterhalt angesichts dieser steigenden Preisen zu finanzieren. Und das ist schon eine Situation, die wir auch mit großer Sorge betrachten.“
Checkpoint mit AMS NÖ-Chef Sven Hergovich
Drei Herausforderungen
Muss man sich deswegen die Höhe des Arbeitslosengeldes ansehen? Hergovich: „Ja, das ist sicher ein Thema, das man in Zusammenhang mit der Teuerung diskutieren muss und wo wir sehen, dass das Arbeitssuchende einfach sehr stark beschäftigt.“
Dass sich die Arbeitslosenzahlen nicht weiterentwickeln werden, ist für Sven Hergovich auch klar. Er sieht vor allem drei Herausforderungen, die man im Auge behalten muss: „Das eine ist natürlich die Teuerung. Das Zweite, was man sehen muss, sind die möglichen Auswirkungen eines Lieferstopps bei russischem Gas, was ich für verheerend halte. Ich glaube, das hätte ganz massive Auswirkungen auf unsere wirtschaftliche Struktur und damit natürlich auch auf den Arbeitsmarkt. Und das Dritte, was wir sehr, sehr stark beobachten, ist, welche neuerlichen Einschränkungen dann mit einer möglichen weiteren Corona-Welle im Herbst oder Winter auf uns zukommen.“
Herausforderungen
In der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen zeichnen sich diese dunklen Wolken derzeit allerdings noch nicht ab. Hergovich: „In den ersten Frühindikatoren sieht man erfreulicherweise noch nichts. Nach wie vor läuft der niederösterreichische Arbeitsmarkt wirklich sehr, sehr gut. Aber das sind schon einige Herausforderungen am Horizont, die wir sehr, sehr genau beobachten müssen, damit wir dann auch zielgerichtet und rasch reagieren können.“
Zielgerichtet reagiert habe man im Bundesland beim Thema Langzeitarbeitslosigkeit. Da verzeichnet man unter allen Bundesländern „mit einem ordentlichen Abstand“ das beste Ergebnis. „Die Strategie ist ein Bündel an Maßnahmen, weil Langzeitarbeitslose einfach unterschiedlich sind und deshalb jeweils genau abgestimmte Antworten brauchen“, sagt Hergovich. Entscheidend sei, dass diese Menschen intensiv betreut werden. Und das habe man in NÖ geschafft.
Langzeitarbeitslose
Internationale Beachtung fand in diesem Zusammenhang das Projekt Magma in Gramatneusiedl. Da wurde – wissenschaftlich begleitet – das Geld, das Langzeitarbeitslose normalerweise monatlich vom Staat erhalten, genommen, um für diese Menschen Arbeitsplätze zu schaffen. Mit dem Erfolg, dass es in der Region Gramatneusiedl derzeit keine Langzeitarbeitlosen mehr gibt.
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