Marchfeld Bundesstraße: „Das ist reine Selbstverteidigung“

Marchfeld Bundesstraße: „Das ist reine Selbstverteidigung“
Der Landwirt Leopold Haindl und der von Aussterben bedrohte Vogel Triel könnten das geplante Projekt „S 8“ verhindern.

Dort, wo sich im Marchfeld Fuchs und Henne gute Nacht sagen, betreibt Leopold Haindl in vierter Generation einen landwirtschaftlichen Betrieb. Rund 250 Hektar Fläche werden nördlich von Markgrafneusiedl bewirtschaftet, davon rund 17 Hektar mit Aronia-Sträuchern.

Die schwarz-roten Früchte stammen aus Nordamerika, gehören zu den Apfelbeeren und sind sehr gesund – wegen des hohen Flavonoidgehalts und zahlreicher Vitamine. Damit die Sträucher auf den kargen Böden Erträge liefern, müssen sie mit einer gigantischen Beregnungsanlage bewässert werden. Durch diese steppenartige Landschaft soll aber in Zukunft aber die Marchfeld Bundesstraße S 8 rollen. Mitten durch Haindls rekultivierte Bio-Äcker. Ein Todesstoß für seinen Agrarbetrieb, sagt der Landwirt.

Doch Haindl hat einen Trumpf in der Hand, der das Projekt in seiner jetzigen Form stoppen dürfte. Der vom Aussterben bedrohte Vogel Triel hat sich auf Haindls Ländereien eingenistet. Die letzten Exemplare des bräunlich gestreiften Zugvogels haben dort gute Lebensbedingungen. „Er ist einer der seltensten Brutvögel Österreichs. Derzeit sind hierzulande nur mehr zwei Trielvorkommen bekannt“, räumt selbst das Land Niederösterreich ein.

Über den Triel und sein Brutgebiet streiten sich die Geister – vor dem Wiener Bundesverwaltungsgericht. Auf der einen Seite Leopold Haindl, die Umweltschutzorganisation Virus und Anwalt Wolfgang List.

Auf der anderen Seite der Schnellstraßenbauer Asfinag, das Land Niederösterreich und das Verkehrsministerium. Fakt ist: Der Naturschutzgutachter des Gerichts hat dem Projekt bereits eine Abfuhr erteilt.

15 Jahre Streit

Gestritten wird schon seit etwa 15 Jahren. Aber Haindl ist weder ein verwirrter Don Quichotte noch ein klassischer Rebell. „Ich mache das nicht zum Spaß, sondern das ist reine Selbstverteidigung“, sagt der Landwirt zum KURIER. „Ich wurde in all den Jahren von keinem einzigen Politiker gefragt, warum ich gegen das Projekt bin.“ Er sei nicht gegen das Projekt, sondern nur gegen die Trassenführung durch seinen Betrieb. „Wir haben schon vor 15 Jahren die Unzulänglichkeiten dieses Projekts aufgezeigt. Es hat sich nur niemand für unser Anliegen interessiert“, sagt er. Ursprünglich sollte die S 8 auf der sogenannten Bürgermeister-Trasse südlich von Haindls Äcker verlaufen.

„Die Bürgermeister-Trasse ist dann verschwunden und die neue Trasse, ist 300 Meter weiter nördlich, mitten in unser Feld verlegt worden“, sagt der Bauer. Über die Jahre haben die Behörden zahlreiche Gutachter beigezogen und immer wieder die Größe des Natura-2000-Schutzgebietes und die Trassenpläne adaptiert. Mit den Jahren wurden aber die Triel-Brutpaare weniger. Früher lag das Brutgebiet südlich von Haindls Feldern. Doch dieses Natura-2000-Schutzgebiet soll laut Biologen letztlich sträflich vernachlässigt worden sein, weshalb sich der Triel auf die Äcker Haindls zurückgezogen habe. „Die Brutgebiete haben sich enorm nach Norden verschoben, die letzten zwei Brutpaare sind unmittelbar entlang der S-8-Trasse zu finden“, sagt Biologe Egon Zwicker.

Haindl wartet nun gespannt auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. „An der Stelle, wo der Brutraum ist, kann das Projekt nicht mehr umgesetzt werden“, sagt der Landwirt. „Die Gesetze gelten für mich und müssen auch für die Asfinag gelten.“

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