Machtwechsel nach 70 Jahren SPÖ-Regentschaft

ÖVP feierte Wahlkampfauftakt in Wiener Neustadt
Klaus Schneeberger schnürt ein Bündnis aus ÖVP, FPÖ, Grünen sowie Bürgerlisten und wird erster schwarzer Bürgermeister.

Die vergangenen 70 Jahre stellte die SPÖ in Wiener Neustadt den Bürgermeister. Diese Ära ist nach dem Verlust der Absoluten bei der Gemeinderatswahl (minus 8,12 Prozent) zu Ende. Damit wird eine der bisher bedeutenden SPÖ-Hochburgen Niederösterreichs von einem ÖVP-Bürgermeister regiert. Und der heißt Klaus Schneeberger, zugleich schwarzer Klubobmann im NÖ-Landtag und damit engster Vertrauter des mächtigen NÖ-Landeshauptmannes Erwin Pröll.

ÖVP und FPÖ konnten sich am Sonntag auf eine Zusammenarbeit im Gemeinderat einigen. Mit den Grünen sowie den Listen „Soziales-WN“ und „WIR“ sei die Zustimmung zum Gesamtbudget vereinbart worden. „Wir freuen uns mitteilen zu dürfen, dass Wiener Neustadt ab Freitag (konstituierende Sitzung, Anm.) von allen bisherigen Oppositionsparteien bunt regiert wird“, verkündete Schneeberger. Die bisher regierenden SPÖ-Politiker müssen auf die Oppositionsbank. Und noch etwas ist in Wiener Neustadt neu: Die Einigung ist keine Koalition. Es bestehen lediglich Vereinbarungen zwischen den einzelnen Fraktionen. „Wir verzichten auf eine Koalition, weil sich in den nächsten fünf Jahren jede Fraktion in einem freien Spiel der Kräfte im Gemeinderat einbringen können soll“, sagt der künftige Bürgermeister.

Schneeberger war 14 Jahre, nachdem er der Stadt als Vizebürgermeister den Rücken gekehrt hatte, bei der Gemeinderatswahl angetreten. Er propagierte einen „Neustart für Neustadt“. Für eine Stadtregierung mit Grünen, „Soziales-WN“ und „WIR“ fehlte ihm noch die Zustimmung der FPÖ, die mit fünf Mandaten das Zünglein an der Waage war.


Rot-blau gescheitert

Nachdem die Verhandlungen zwischen SPÖ und FPÖ scheiterten, saßen ÖVP und FPÖ seit Freitag auf dem Verhandlungstisch. Schneeberger und FPÖ-Stadtrat Michael Schnedlitz konnten sich auf zentrale Punkte einigen. „Uns war es wichtig, Sofortmaßnahmen im Finanzbereich zu setzen. Deshalb war es notwendig erste Teilbereiche des Budgets bereits vorab im Detail zu beraten und unverzüglich erste Schritte einzuleiten. In den letzten Verhandlungen wurde ein Weg gefunden, sodass sofort mit der Arbeit begonnen wird“, sagt Schnedlitz.Die ÖVP stellt übrigens nicht nur den Stadtchef, sondern mit Christian Stocker auch den Vizebürgermeister.

Die SPÖ war nicht überrascht. „Nach dem Wahlergebnis hat sich abgezeichnet, dass ÖVP und FPÖ gemeinsame Sache machen“, sagt der neue SPÖ-Chef, Horst Karas. Er hat nach dem Rücktritt von Bürgermeister Bernhard Müller das Ruder übernommen und die Hälfte seines Teams im Gemeinderat umgekrempelt. Karas wird zweiter Vizebürgermeister: „Es wird eine spannende Herausforderung, die ich gerne annehme. Wir haben in der Rolle der Opposition sicher viel zu lernen“, meinte Karas.

Die konstituierende Gemeinderatssitzung mit der Wahl des Bürgermeisters und der Gremien findet am kommenden Freitag statt.

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