Es war im Juni 2013, als ein Jahrhundert-Hochwasser die Wachau heimsuchte. Orte wie Dürnstein standen meterhoch unter Wasser. Häuser, Heurigenbetriebe und Weinkeller wurden geflutet, tausende Flaschen edelster Tropfen galten als vernichtet – sollte man zumindest meinen. „Was in der Flut von 2013 unterging, ist heute sogar ein Schatz für Weinliebhaber“, erzählt Weinhauer und Heurigenwirt Max Brustbauer (37) kryptisch.
Nach mehrjähriger Pause hat er kürzlich den elterlichen Traditionsheurigen auf einem der ältesten Höfe in Dürnstein übernommen, um ein Comeback zu feiern. Als seine Eltern 2015 den Betrieb eingestellt haben, war der geflutete Kellerschatz in Vergessenheit geraten. Unterirdisch stapelten sich die Flaschen vom Jahrgang 2001 bis 2012 in Archivboxen. Es ist üblich, dass sich Winzer edle Kostproben jedes Jahrgangs und jeder Sorte fein säuberlich auf Lager legen. Dieses kostbare Wein-Archiv wurde im Zuge der Katastrophe geflutet, erzählt Brustbauer.
Statt mit Etiketten waren die Flaschen mit Flusssedimenten und Donausand bedeckt. „Wir haben herausgefunden, dass die Flut den Flaschen nicht geschadet hat und ausgezeichnete Weine über die Jahre ungestört reifen konnten“, sagt der 37-Jährige. Das äußere Chaos habe dem Geschmack im Inneren der Bouteillen nicht geschadet.
Deshalb kamen Kati und Max Brustbauer auf die Idee, die Kellerperlen – in der Regel sind es Smaragd-Weine – als besondere Geschenkidee in Umlauf zu bringen. „Wir verkaufen sie als das, was sie sind – nämlich verkommene Schätze“, sagen die Winzer.
Weil der Donausand und die Flut die Etiketten unleserlich gemacht haben und jede Flasche mit einer grauen Patina überzogen ist, geben die Bouteillen keine Auskunft mehr über Jahrgang, Sorte und Charakter der guten Tropfen. Es ist also wie bei einer Blindverkostung. Bis zum Öffnen jeder Bouteille bleibt es ein Geheimnis, ob sich ein Grüner Veltliner, Gelber Muskateller, ein feiner Riesling oder ein Weißburgunder darin verbirgt.
„Damit entstehen spannende Geschichten“, erinnert sich Brustbauer an eine Verkostung mit einem überaus erfahrenen Winzer-Kollegen, der einen feinen Gaumen bewies. „Er kostete einen der Weine und erkannte den milden Spätwinter, den niederschlagsintensiven Früh-, den kühlen Spätsommer und die dadurch erfolgte späte Ernte des Jahrgangs 2008 darin“. Als man zwei Wochen später eine abgelöste Blechetikette der Archiv-Box im Keller fand, hatte man den Beweis, dass der erfahrene Winzer völlig richtig lag.
Interessierte Kunden bekommen die „Verkommen“-Weine (11 Euro/Bouteille; www.brustbauer.at) in edler Aufmachung. Eingehüllt in Pergamentpapier sind die Flaschen mit einem besonderen Anhänger geschmückt. Darauf erinnert eine KURIER-Schlagzeile von der Jahrhundertflut im Juni 2013 an die besondere Geschichte des Weins.
Die heurige Weinlese war für die Weinhauer-Familie eine besondere: Nach sieben Jahren ohne Betrieb und einem Testjahr gehen die Brustbauers neue Wege. Seit diesem Jahr setzen sie bei der Produktion der Weine zur Gänze auf Seihmost. Eine Methode, bei der der Most aus den Trauben ohne Druck einer Presse abläuft. „Es ist eine aufwendigere Methode, die sich aber bezahlt macht“, meint Kati Brustbauer.
Damit entsteht eine besondere Note. Der Seihmost ist gerbstoffarm und enthält kaum Bitterstoffe. Durch den höheren Säure- und Zuckergehalt ergibt sich laut Sommeliers ein besonders „feingliedriger, eleganter Wein“.
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