Die lange Tradition des Weinbaus in der Wachau lässt sich nicht nur auf Ortsbezeichnungen, wie etwa Weinzierl, zurückführen, sondern wird auch in der historischen Baustruktur der Region deutlich. Namen wie Florianihof, Kremsmünsterer Hof oder Nikolaihof werden heute noch verwendet und lassen Rückschlüsse auf ihre einstigen Besitzer zu.
Wenig Forschung
Denn bereits ab dem 9. Jahrhundert fanden auch Klöster und Hochstifte Gefallen an der Wachau. Fernab ihrer Zentren in Niederösterreich sowie Salzburg, Oberösterreich, der Steiermark und sogar Südbayern koordinierten sie die Bewirtschaftung der Weingärten über sogenannte Lesehöfe.
Gegenstand der Wissenschaft seien diese Wirtschaftshöfe auswärtiger Klöster in der Wachau aber bislang nur selten gewesen, wie Archäologe Thomas Kühtreiber weiß. „Das steht in krassem Gegensatz zu deren Bedeutung für den Weinbau und die Baukultur in der Region“, so Kühtreiber.
Gemeinsam mit seiner Kollegin am Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit (IMAREAL) der Universität Salzburg – Historikerin Elisabet Gruber – widmete er sich im Vorjahr der systematischen Erfassung dieser Höfe. Immerhin seien laut Gruber diese Einrichtungen wichtige Schnittstellen aller sozialer Gruppen gewesen: „Schriftliche Quellen und bauliche Überlieferung lassen deren wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedeutung erahnen“, so die Historikerin.
Knapp 60 neue Höfe erfasst
Zu Beginn der Forschung waren insgesamt 85 Lesehöfe in der Wachau bekannt. Mit Recherchen in Forschungsliteratur, Klosterarchiven und Ortschroniken sowie durch lokale Kenntnissen konnten nun aber 142 Wirtschaftshöfe erfasst werden. Etwas mehr als die Hälfte ist davon noch im Baubestand erhalten.
Wie genau die Klöster in den Besitz der Wachauer Höfe kamen, beschäftigte das in Krems beheimatete Forscherteam besonders. Nachweise, dass die Objekte völlig neu errichtet wurden, gäbe es keine – auch wenn das bei Objekten wie etwa dem Mieslinghof in Spitz laut den Forschern denkbar sei. Viel häufiger sei es aber durch Kauf, Schenkung oder Übernahme von bestehenden Gebäudekomplexen und deren Adaptierung zur Einrichtung gekommen.
Mit Ende des 18. Jahrhunderts veränderten sich die Besitzverhältnisse aber maßgeblich und die Höfe gingen an lokale Kaufinteressenten.
Online zugänglich
Die Erkenntnisse von IMAREAL sollen nun in Form einer webbasierten Applikation als frei zugängliches Rechercheinstrument öffentlich gemacht werden. Das Projekt wurde durch Förderung der Wissenschaftsabteilung des Landes NÖ realisiert. Infos: www.imareal.sbg.ac.at
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