Krems wählt im September: Rote Bastion im schwarzen Kernland
In der Statutarstadt wird am 4. September gewählt – der letzte Urnengang in NÖ vor der Landtagswahl 2023. Wem der frühe Termin nutzt und welche Themen den Wahlkampf dominieren
Tor zur Wachau, Tourismushochburg, ehemaliger Corona-Hotspot, Studierendenstadt, Zentrum des Weinanbaugebietes und der Kulturregion: Krems an der Donau ist für vieles bekannt. Als eine der vier Statutarstädte Niederösterreichs erfüllt sie sowohl die Aufgaben einer Gemeinde als auch eines Bezirks. Auch gewählt wird an einem anderen Termin als im Rest des Landes: am 4. September.
Obwohl die SPÖ derzeit als Favorit gilt, kann es dennoch spannend werden. Dafür lohnt sich ein Blick zurück. Im Jahr 2007 waren die politischen Verhältnisse in Krems noch sehr typisch für eine niederösterreichische Stadt: Die ÖVP war seit Jahrzehnten die stärkste Partei, auf dem ewigen zweiten Platz die SPÖ.
2012 änderte sich das: Die Roten überholten knapp die ÖVP, seither ist der Arzt Reinhard Resch Bürgermeister. 2017 baute man den Abstand aus (ÖVP: 26,67 Prozent, SPÖ: 46,07 Prozent). Damit ist Krems neben
St. Pölten eine der wenigen roten Städte Niederösterreichs. Bei der kommenden Wahl will Resch noch einmal 1,5 Prozent mehr und damit die Absolute erreichen.
Folgen der Krise
Ausgeschlossen ist das aus derzeitiger Sicht nicht. Der frühe Wahltermin könnte dem Stadtchef in die Karten spielen. So sagt etwa Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit dem KURIER, dass die Folgen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine im Herbst noch mehr zu spüren sein werden als im Sommer: „Nun kann da natürlich ein Lokalpolitiker nichts dafür, doch sind Amtsinhaber daran interessiert, erst viel später oder möglichst früh zu wählen. Denn wenn es den Menschen subjektiv schlechter geht als zum Zeitpunkt der letzten Wahl, werden Amtsinhaber womöglich weniger gewählt, egal ob sie an der Verschlechterung der Lebensumstände schuld sind oder nicht.“
Wer in Krems wie regiert, ist auch wegen der Größe der Stadt nicht unwichtig. Mit 30.806 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2022) ist es die fünftgrößte Stadt Niederösterreichs und liegt nur etwa 70 Kilometer von Wien entfernt. Mit der Kunstmeile sowie der Landesgalerie NÖ ist die Stadt ein Zentrum für Kultur. Neben dem Handel ist auch der Tourismus für die Region essenziell. Bisher wurden im Jahr 2022 über 83.000 Nächtigungen gezählt, damit ist man bereits fast wieder auf Vorkrisenniveau.
Newcomer der ÖVP
Die ÖVP geht mit dem Akademiker Florian Kamleitner mit einem eher Unbekannten in die Wahl. Das habe laut Filzmaier auch Vorteile: „Das Bild des traditionellen Politikers ist derzeit infolge der bundespolitischen Ereignisse reichlich in Misskredit geraten. So gesehen kann ein Newcomer schon teilweise mit einem „Ich bin anders und habe mit allfälligen politischen Missständen null zu tun“-Slogan punkten.“
Doch die Neos könnten den Schwarzen gefährlich werden. Sie treten erstmals in Krems an und machen auch hier das Thema Transparenz zur Hauptagenda. Hier sei die Schlüsselfrage laut Filzmaier, ob die Neos enttäuschte Wähler anderer Parteien – etwa von der ÖVP oder den frisch getrennten Kremser Grünen – mobilisieren können. „Von der reinen Enttäuschung anderer Parteiwähler haben sie ja nichts, wenn diese am Wahltag zu Hause bleiben. Bei der letzten Wahl war die Wahlbeteiligung mit 65 Prozent nur mittelmäßig und rein rechnerisch gibt es im Austausch mit dem Nichtwählerlager sehr viel zu gewinnen oder zu verlieren.“
Als Stimmungsbarometer für das ganze Land – die Landtagswahl findet 2023 statt – sei die Kremser Wahl nur sehr bedingt tauglich, sagt Filzmaier. „Bis dahin können sich die politischen Rahmenbedingungen und Gefühlslagen der Wähler verändern. Vergleichsmaßstab wäre zudem ein Amtsinhaberwahlkampf des Bürgermeisters in Krems, während die SPÖ landesweit nicht den Landeshauptmann stellt“.
Der Wahlkampf kommt in Krems mittlerweile langsam in die Gänge. Die Frage der Sicherheit in der Innenstadt dominiert diesen aktuell. Nachdem Geschäftstreibende einen offenen Brief an Resch veröffentlichten, dass sie Sorge wegen der angeblich steigenden Kriminalität hätten, rissen gleich mehrere Parteien das Thema an sich. Die ÖVP etwa veranstaltete ein Treffen mit den aufgebrachten Unternehmern. Auch Resch suchte das Gespräch.
Die FPÖ tritt wieder mit Susanne Rosenkranz – Frau des blauen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl – an. In den vergangenen Monaten machte die Kremserin auf das Thema Drogenhandel in Krems aufmerksam. Dass die Stadt zum Hotspot geworden wäre, weist die Bezirkspolizei allerdings zurück. Die Kremser Linke Stadtbewegung (KLS) geht mit dem erfahrenen Wolfgang Mahrer in die Wahl.
Sollte Resch tatsächlich wiedergewählt werden, wird es wohl nicht seine einfachste Amtszeit: Denn die Stimmung wird im Herbst kaum besser werden.
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