Krems: Angeklagter schlief bei Prozess wegen versuchten Mordes ein
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Am heutigen Donnerstag hätte sich eigentlich ein Insasse der Justizanstalt Graz vor dem Kremser Landesgericht wegen versuchten Mordes verantworten müssen. Ihm wird vorgeworfen, dass er versucht habe, einen Mitinsassen durch Schnitte mit einer Rasiermesserklinge gegen den Hals sowie durch Stiche mit einem Messer gegen den Oberkörper, den Hals und den Kopf zu töten. Der Vorfall hat sich am 25. Februar des Vorjahres in der Justizanstalt Stein zur Mittagszeit zugetragen. Weil die Richterin nicht sicher war, dass der Mann fit genug ist, um dem ganzen Prozess inhaltlich zu folgen, wurde vertagt.
Rasierklinge im Mund
Zuerst aber führte der Staatsanwalt noch aus, was dem Algerier zu Lasten gelegt wird. Er habe einen befreundeten Insassen an besagtem Tag in seiner Zelle besucht. Dort sei es zum Streit gekommen. Der Angeklagte habe gesagt, er würde den anderen Mann - einen 34-jährigen Tunesier - umbringen. Dann habe er ihn mit einer Rasierklinge verletzt, die er in seinem Mund hatte sowie mit einem Buttermesser, das er in seiner Jacke gehabt habe. "Das Opfer erlitt zahlreiche Schnitte im Gesicht und am Hals. Tödliche Schnitte konnte er (der Angeklagte, Anm.) nicht setzen", so der Staatsanwalt. "Zusammenfassend kann man sagen, es ist das Verbrechen eines versuchten Mordes."
In einer ersten Vernehmung habe der 23-Jährige angegeben, dass die beiden nur Kampftraining gemacht hätten - und zwar ohne Waffen. Für die Staatsanwaltschaft eine "unmögliche Erklärung".
Sexueller Übergriff
Laut der Verteidigerin habe sich die Situation aber anders dargestellt. Die beiden Männer kennen sich bereits aus ihrer Zeit in der Justizanstalt Graz. Sie würden sich eigentlich gut verstehen, daher habe man sich auch in der Zelle des 34-Jährigen getroffen. Dort sei es aber zu einem sexuellen Übergriff auf den 23-Jährigen gekommen, der sich in weiterer Folge mit der mitgebrachten Rasierklinge zur Wehr setzte. Diese habe der Mann laut Verteidigung "immer in seinem Mund".
Das Buttermesser habe er nicht mitgenommen, das sei schon in der Zelle gewesen. Da die zugefügten Verletzungen nicht sehr schwer gewesen seien, handle es sich laut Verteidigerin nicht um versuchten Mord. Es habe keinen Tötungsvorsatz gegeben, der Angeklagte habe sich nur verteidigen wollen. Daher werde er sich unschuldig im Sinne der Anklage bekennen.
Drei Tage ohne Schlaf
Der Angeklagte, der sich derzeit in einem Substitutionsprogramm befindet, war bei Prozessbeginn sichtlich angeschlagen und sprach undeutliches verwaschenes Deutsch. Er wurde gebeten, nur noch Arabisch zu sprechen. Der Dolmetscher übersetzte. Nach nur wenigen Sätzen schlief der 23-Jährige kurz ein. Auf Nachfrage gab er an, dass es ihm gut gehe und er der Verhandlung folgen könne. "Ich bin nur so, weil ich drei Tage nicht geschlafen habe und erschöpft bin, aber ich beantworte alle Fragen", gab er an. Seine Verteidigerin gab an, dass er während der Vorgespräche nie in so einem Zustand gewesen sei.
Nach kurzer Beratung vertagte die Richterin den Prozess mit Verweis darauf, dass es eine faire Verhandlung geben müsse. Das könne so nicht garantiert werden. "Es liegt in Ihrer Verantwortung, dass sie in angemessenem Zustand erscheinen", schloss sie die Verhandlung.
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