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"... mit der Waffe in der Hand meinem Nächsten gegenübertreten und ihn töten, nein, das kann ich nicht mit meinem Gewissen und dem Gesetz Gottes in Einklang bringen.“ Rudolf Redlinghofers Beweggründe für die Verweigerung des Wehrdienstes im Zweiten Weltkrieg, die er in einem Brief seiner Frau Agnes schildert, sind klar. Überzeugungen, die ihn schließlich aber das Leben kosten sollten.
Abschiedsbrief nur Stunden vor der Hinrichtung
„Kein Mensch in der weiten Welt kann sich solch eine Verfassung ausdenken, in der sich ein Mensch befindet, der nur mehr Stunden zu leben hat. Der Herr sende seinen Engel, dass er mich stärke“, schrieb Redlinghofer an sein „liebes Weib“, das er samt der zweijährigen Tochter in Krems zurücklassen musste, nur sechs Stunden vor seiner Hinrichtung. Neben der Ohnmacht über sein bevorstehendes Schicksal zeugen diese Zeilen aber von seinem Vertrauen in seinen Glauben als Bibelforscher, wie damals die Zeugen Jehovas häufig genannt wurden.
550 Zeugen Jehovas gab es zu Kriegsbeginn laut www.standhaft.at in Österreich. 157 von ihnen wurden hingerichtet - so auch Rudolf Redlinghofer.
1998 wurde Rudolf Redlinghofer aber von der Republik Österreich offiziell rehabilitiert. Gewissenstreue sei „kein Verbrechen, sondern eine der Grundsäulen menschlicher Integrität“, hieß es damals.
Dass Redlinghofers letzte Worte so gut dokumentiert sind, ist vor allem seinem Enkel Wolfgang Schranz zu verdanken. Für ihn ist die Geschichte seines Großvaters, die eines Mannes, „der seinem Gewissen treu blieb“. Nicht nur mit der Lebensgeschichte und Fotos seines Ahnen, sondern auch mit persönliche Briefen will er zeigen, woher sein Opa „die Kraft nahm, um sich gegen ein übermächtiges Regime zu stellen“. Dafür gründete er die Seite www.standhaft.at.
Nachvollziehen kann man das auch heute – genau 82 Jahre, nachdem Rudolf Redlinghofer am 11. Jänner 1940 in Berlin mit dem Fallbeil von den Nazis hingerichtet wurde – im Museum NÖ. Dort steht der Kremser Wehrdienstverweigerers „stellvertretend für die Hunderten Einzelschicksale“ der im Holocaust brutal verfolgten Zeugen Jehovas – 157 wurden hingerichtet – im Haus der Geschichte.
Im Original können dort auch die letzten Worte Redlinghofers nachgelesen werden. Sein Lebensgeschichte wird als eine von 15 Biografien von Personen, die durch die Nationalsozialisten verfolgt wurden, ausgestellt. Denn für das Museum NÖ steht fest: „Auch, wenn nicht jedes einzelne Opfer einen offiziellen Ort der Erinnerung bekommt, darf es nicht in Vergessenheit geraten.“
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