Komarek: „Habe mich ins Weinviertel verirrt“

Komarek: „Habe mich ins Weinviertel verirrt“
Alfred Komarek „ermittelt“ auch ohne „Polt“ weiterhin – dann, wenn er Unbekanntes entdeckt und das passiert ihm ständig.

KURIER: Sie haben Anfang des Jahres das Buch „Alfred“ herausgebracht. Es ist anders, als das, was Ihre Leser von Ihnen gewöhnt sind. Wie wurde das angenommen?

Alfred Komarek: Es gibt überwiegend positive Rückmeldungen und es gibt Leute, die können gar nichts damit anfangen. „Alfred“ ist völlig anders, es ist absurd. Es ist wirklich sehr, sehr komprimiert auf rund 100 Seiten, man könnte aber ein sehr dickes Buch daraus schreiben und ja, es ist ziemlich authentisch. Ich kenne alles, was darin vorkommt. Es war ein Abenteuer, aber es ist zumindest kein Bauchfleck geworden. (Anm.: die dritte Auflage ist bereits erschienen).

Wollten Sie sich mit dem Buch von Ihrer bekannten Kriminalromanfigur, dem Weinviertler Gendarmen „Simon Polt“, distanzieren, mit dem sie unweigerlich in Verbindung gebracht werden?

Nein, das stört mich primär überhaupt nicht. Simon Polt steht mir durchaus nahe. Ich habe aber wenig mit ihm gemeinsam, außer der Gutmütigkeit und der gewissen Tapferkeit wenn’s nimmer anders geht – also wir sind beide tapfere Feiglinge. Der ganze Polt ist für mich ein Zugang zur Region, die ich sehr gerne habe. Er musste 2015 in den Ruhestand gehen. Er hat gesagt „Heast, ich werde alt und ich habe meine Defizite und ich will nicht mehr und ich kann nimmer, möchtest mich nicht würdig ins Alter entlassen?“ – und das habe ich getan.

Komarek: „Habe mich ins Weinviertel verirrt“

Die Kerze brennt immer, wenn Alfred Komarek in seiner Wohnung  liest, so „fühlt es sich ein wenig an, wie im Weinkeller“.

Seit 40 Jahren besitzen Sie ein Presshaus in Obritz im Weinviertel. Was hat sich in der Region verändert?

Die Dörfer beginnen wieder zu leben, das hätte ich nicht geglaubt. Also, ich hätte noch vor 30 Jahren gesagt, es geht zu Ende mit allem dort. Genau das ist nicht passiert, es gibt jetzt mehr Zusammenleben als damals.

Klingt nicht so, als wäre das Weinviertel ein Magnet gewesen und trotzdem ist es zu ihrer zweiten Heimat geworden. Wie hat es Sie dorthin verschlagen?

Ich bin ein Stadtflüchtling und habe mich tatsächlich versehentlich ins Weinviertel verirrt, damals mit der Ente 2CV und habe mir gedacht, wo bin ich da auf einmal? Es war eine völlig fremde Welt. Ich dachte, die Kellergassen seien irgendeine Armensiedlung oder vielleicht wohnen die Alten dort. Und dann dieses völlig unbestimmte Hügelland, wo die Orientierung schwer fällt, es ist ein Gewoge wie ein großes Meer. Dann habe ich gemerkt, dass das auch eine riesen Freiheit bedeutet, auch dieser Riesenhimmel darüber, wo dann alle 20 Minuten eine andere Lichtstimmung über dem Land liegt und das hat mich alles fasziniert. Und dann habe ich langsam die Nase hineingesteckt und begonnen zu entdecken.

Komarek: „Habe mich ins Weinviertel verirrt“

Alfred Komarek schreibt oft mit Tinte, weil er seine Handschrift  schwer entziffern kann, steigt er später auf den Computer um.

Und Sie entdecken immer noch ...

Ja, ich finde immer noch neue Sachen interessanterweise – aber ich habe eine Art Trüffelschweininstinkt. Wenn ich ein Tal oder einen Hügel finde, den ich noch nicht kenne, möchte ich wissen, was dahinter ist.

Was haben Sie zuletzt entdeckt?

In Retz am Altenberg war ich oben, und da gibt es Geländeformen und Aussichtspunkte, die mir völlig neu waren, und dann bin drauf gekommen: Oh, an der Stelle kann ich mit einem Fuß im Weinviertel und mit einem im Waldviertel stehen und das ist natürlich auch faszinierend. Ich verirre mich gerne. Wenn ich nicht mehr weiß wo ich bin, dann wird es spannend.

Komarek: „Habe mich ins Weinviertel verirrt“

Rund 70 Uhren - darunter Wanduhren, Stehuhren und Radiowecker - hat Alfred Komarek in seiner Wohnung.

Was ist das Spannendste, das Sie je aufgespürt haben in Niederösterreich?

Das waren eigentlich immer die Menschen. Zu sehen, was machen die Menschen aus ihrem Umfeld, was machen sie aus ihren Vorleben und aus ihren seltsamen Eigenschaften? Da kommen manchmal die seltsamsten Dinge heraus. Ich habe zum Beispiel einen Mann kennengelernt, der sich eine riesige Kirchenorgel gekauft hat. Sie stand vor der Verschrottung, weil sie kaputt war und er hat sie im Stadl aufgestellt und jahrelang repariert. Jetzt spielt er darauf. Er ist nicht sehr groß – kommt kaum zu den Pedalen – und dann sitzt er in seinem riesigen Stadl mit der riesigen Orgel und spielt auch ohne Zuhörer Konzerte. Also, wie sich einer sein Paradies macht, das finde ich spannend. Da sind schöne Sachen zu entdecken.

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