Klinik-Debatte in Gmünd wurde zur bitteren Pille

Der Saal des Kulturhauses war bis auf den letzten Platz besetzt.
Im Kulturhaus wurde über die Schließung des Spitals diskutiert. Dabei ging es nicht um Kompromisse, sondern um vollendete Tatsachen.

Am Dienstagabend ist es noch immer trüb in Gmünd – nicht nur das Wetter, sondern vor allem die Stimmung. Während sich die Wolken über dem Kulturhaus zu einer grauen Masse auftürmen, zieht innerhalb der weiß-roten Wände ebenfalls ein Sturm auf. Rund 400 Personen haben auf den hölzernen Stühlen Platz genommen, die Reihen sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Neugierig werden die Köpfe in Richtung Bühne gereckt. Im ganzen Raum verteilt finden sich graue Kappen und T-Shirts, bedruckt mit dem Schriftzug #LKGmündbleibt.

Es ist der zweite Versuch, die heimische Bevölkerung über die Zukunft des Landesklinikums aufzuklären. Eine Informationsveranstaltung wurde bereits abgesagt, zu aufgeheizt war der Landesgesundheitsagentur (LGA) die Stimmung im Vorfeld. Richten sollten es nun Filip Deimel, Leiter der Gruppe Gesundheit und Soziales und der Abteilung Landeskliniken und Landesbetreuungszentren, NÖGUS-Geschäftsführer Volker Knestel, die LGA-Vorständin Elisabeth Bräutigam und Christian Fohringer, Geschäftsführer von Notruf NÖ.

Eine knappe Stunde lang erklären die Anwesenden, wie die Zukunft der gesundheitlichen Versorgung in Gmünd aussehen soll. Sie sprechen vom demografischen Wandel, einer überalterten Gesellschaft und der Abwanderung junger Menschen in Richtung städtischer Ballungsräume. Es sei eine „komplexe, rechtliche Situation“ in der sich die betroffenen Akteure befinden, um die gesetzlichen Aufträge des Bundes – wie etwa den Ausbau der ambulanten Versorgung oder die Bündelung von Maßnahmen in spezialisierten Einrichtungen – auszuführen. 

Fehlende Menschen

Medizinerin Bräutigam streicht das Personalproblem im Gesundheitswesen hervor: „Es fehlen uns die Menschen. Und wenn ich die Menschen nicht habe, kann ich die Leistungen nicht erbringen. Deswegen müssen wir uns bündeln.“ Alleine im Waldviertel seien derzeit 70 Stellen für Ärztinnen und Ärzte offen.

Soweit die medizinische Perspektive. Was die Gmündnerinnen und Gmündner an diesem Abend nicht zu hören bekommen, ist die Meinung der Landespolitik. Bereits im Voraus war klar, dass der zuständige ÖVP-Landesrat Ludwig Schleritzko nicht an der Veranstaltung teilnehmen wird. Stattdessen scheinen die anwesenden Sprecherinnen und Sprecher darum bemüht, ihr Publikum von den Plänen des Landes zu überzeugen. Ob es ihnen gelingt, ist bei wiederholten Zwischenrufen und gemurmelten Kommentaren wie „Das sind lauter Schauspieler“ allerdings unklar.

Die anschließende Diskussionsrunde macht deutlich, dass sich die heimische Bevölkerung nach wie vor mit der geplanten Schließung nicht zufriedengeben will. „Wir sind für den Gesundheitspakt“, meint etwa Christian Oberlechner, Veranstalter des Protests vor dem Gmünder Krankenhaus im April. Die Schließung des Spitals sei aber der falsche Weg. „Was genau dahintersteckt, hat sich auch noch nicht erschlossen“, kritisiert er. Mit Christian Bugl meldet sich ein Mitarbeiter des Klinikums zu Wort. Ihm sei bewusst, dass die Einrichtung in der aktuellen Form nicht weiter geführt werden könne. Man habe nur nicht erwartet, dass sie komplett von der Landkarte verschwindet.

Abwärtsspirale

Ein spezialisierter, verkleinerter Betrieb würde dem Bezirk immens helfen, „weil sonst sind wir wirklich bald vom Aussterben bedroht.“  Eine Sorge, die Alexandra Weber, Bürgermeisterin von Heidenreichstein, mit Blick auf die schrumpfende Bevölkerung in der Region teilt: „Je mehr man uns da wegnimmt, desto schlimmer wird es werden“, macht sie klar.

Eineinhalb Stunden diskutieren die Gmünderinnen und Gmünder hitzig, streiten beinahe, bevor die Debatte beendet wird, um kurz auf den rund 120 Millionen Euro teuren Neubau zu sprechen zu kommen, den die LGA an anderer Stelle in Gmünd plant. Vorgesehen sind unter anderem zwei Operationssäle mit Einleitungsraum sowie ein Aufwachbereich, eine Radiologieeinheit und ein Labor. Was das neue Gebäude jedoch nicht bieten wird, sind stationäre Betten – und Personal für spezielle Behandlungen. 

Um 21 Uhr ist die Veranstaltung zu Ende, die Anwesenden strömen Richtung Schank oder hinaus in die kühle Abendluft. Dass der Abend die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht von den Plänen der LGA überzeugen konnte, lassen Gesprächsfetzen wie „Ein Kabarett“, „So wird sich nichts ändern, da will auch keiner dableiben“ und „Das ist schon eine geritzte Sache“ vermuten. Was bleibt, ist die Frage, ob die Gmünderinnen und Gmünder je wirklich Chance hatten, ihr Krankenhaus zu retten.

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