Kinder mit Hustensaft vergiftet: Apotheken machten den Fehler

Medizin
Chemisches Gutachten entlastet Tiroler Firma, die den Wirkstoff Noscapin in ganz Österreich vertreibt.

Der Fall zweier vergifteter Kinder aus Niederösterreich, die nach der Einnahme von Hustensaft mit Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus eingeliefert wurden, hat Besorgnis in allen Apotheken ausgelöst. Nun steht fest, dass der folgenreiche Fehler nur in den beiden betroffenen Apotheken in Wiener Neustadt passiert sein kann.

Wie ein chemisches Gutachten des Gerichtssachverständigen Günter Gmeiner beweist, ist der österreichweit vertriebene Wirkstoff Noscapin eines Tiroler Zulieferers nicht die Ursache für die Vergiftung.

"Das Noscapin war definitiv nicht kontaminiert. Wie es in den beiden Apotheken zur Verunreinigung des Hustensaftes gekommen ist, ist noch Gegenstand von Ermittlungen", erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Erich Habitzl gegenüber dem KURIER. Ermittelt wird gegen die Verantwortlichen der beiden Apotheken nun wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Kinder mit Hustensaft vergiftet: Apotheken machten den Fehler

Staatsanwalt Erich Habitzl

Der Fall der beiden vergifteten Kinder wurde vor wenigen Tagen bekannt. Nach der Einnahme des Hustensaftes, der von Apotheken abgemischt worden war, stellten die Eltern übergroße Pupillen und krampfartige Atmung bei ihren Kindern fest.

Erst nach umfangreichen Tests im Krankenhaus Wiener Neustadt war klar, dass es sich um Vergiftungserscheinungen handelt. Mittlerweile konnte der Zustand der Kinder wieder stabilisiert werden.

Der Hustensaft war mit Atropin, dem gefährlichen Gift der Tollkirsche, verunreinigt. Da die Gefahr bestand, dass der österreichweit vertriebene Wirkstoff Noscapin mit dem Tollkirsche-Wirkstoff kontaminiert sein könnte, gab das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) eine Warnung an alle Apotheken hinaus.

Warnung galt auch für andere Medikamente

Die Warnung galt ebenso für andere noscapinhaltige Zubereitungen wie etwa Noscapin-Zäpfchen. Der Wirkstoff sollte bis auf weiteres nicht mehr verwendet werden. Zumindest was das betrifft, kann die Staatsanwaltschaft Entwarnung geben. Das Noscapin der Tiroler Firma sei frei von Verunreinigungen.

Es liege der Verdacht eines Fehlers beim Mischen der Hustensäfte in zwei Wiener Neustädter Apotheken vor. Laut Habitzl finden dazu Einvernahmen und Ermittlungen statt. Der Akt wird von der Abteilung für Umweltkriminalität des nö. Landeskriminalamtes geführt.

Die Ermittler zogen alle rezeptpflichtigen Medikamente mit den betroffenen Wirkstoffen, die in den vergangenen Wochen von den Apotheken ausgegeben wurden, zurück und stellten diese sicher.

Mittlerweile wurde die ausgesprochene vorbeugende Warnung, dass generell in Österreich in Apotheken erworbene und dort zubereitete Noscapin-Hustensäfte sowie auch andere Noscapin-haltige Zubereitungen wie Noscapin-Zäpfchen nicht angewendet werden sollten, aufgehoben.

Verwechselung?

Atropin wird in der Regel in Apotheken nur zur Herstellung bestimmter Augentropfen verwendet. Wie der giftige Wirkstoff beim Abmischen in die Hustensäfte gelangte, sollen nun die Kriminalisten klären.

Auch eine Verwechselung kann nicht ausgeschlossen werden. Nach derzeitigem Ermittlungsstand stehen die beiden Fälle in keinerlei Zusammenhang. Es dürfte sich um einen Zufall handeln, dass es zeitnahe am 16. und am 21. Jänner zu den beiden Vergiftungsfällen gekommen ist.

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