Insider packt aus: "Ich hab’ die Fäkalien in die Donau gepumpt"

Auf den ersten Blick ist die Idylle perfekt: Touristenschiff im Weltkulturerbe Wachau.
Fäkalien in der Donau: Wachau ist der Hotspot. Minister Norbert Hofer macht jetzt Druck.

Steile Weinterrassen, pittoreske Dörfer am Strom, naturbelassene Wälder und freundliche Menschen prägen das Bild des geschützten Weltkulturerbes Wachau. Doch selbst hier ist nicht alles perfekt. Immer öfter beklagen Bewohner und Wassersportler in Niederösterreichs touristischer Topregion, dass ihnen Gestank und Abfälle den Aufenthalt verleiden. Viele haben, wie berichtet, die Schifffahrt im Verdacht, Fäkalien illegal zu entsorgen.

Dass die Situation noch schlimmer sein könnte, als bisher angenommen, bestätigt dem KURIER ein Brancheninsider der Donauschifffahrt mit vielen Jahren Erfahrung.

Thomas Gruber (Name von der Redaktion geändert) kennt die täglichen Abläufe und kann eines mit Bestimmtheit sagen: Die Vorwürfe gegen die Donauschifffahrt wegen der Einleitung von Fäkalien in den Fluss stimmen weitgehend. „Das kann ich nicht sagen, weil ich es gehört habe, sondern weil ich es selber gemacht habe. Das ist Alltag. Ich habe selber den Inhalt von Fäkaltanks in die Donau gepumpt. Ich hatte immer ein ungutes Gefühl dabei, aber es hat sonst niemanden gestört. Und selbst wenn ich es nicht gemacht hätte, hätte es eben jemand anderer erledigt.“

Kontrollfrei

Je nach Bedarf sei der Inhalt der Fäkaltanks zwei Mal täglich oder alle zwei Tage in die Donau gepumpt worden. Damit das nicht auffällt, geschehe es meist nicht am Anleger in Ufernähe, sondern beim Wenden der Schiffe. Weil die Schraube das Wasser besonders kräftig verwirbelt, erzählt er.

Der Grund für die Vorgangsweise sei nicht nur die finanzielle Ersparnis: „Wenn Schiffe in der Wachau zwischen Krems und Melk hin und her fahren, sind die Tanks meist voll, bevor man die einzige Entsorgungsmöglichkeit in Melk erreicht. Dann muss man handeln“, sagt er. Das gelte für Personenschiffe ebenso wie für Frachter.

Personenschiffe würden auch Küchenabfälle, etwa Erdäpfelschalen, über den Schredder in den Küchentank entsorgen. Der Inhalt wird in den Fäkaltank geleitet und landet danach erst wieder im Fluss.

Manchmal werde auch das sogenannte Bilgenwasser, das sich durch Kondensation im Rumpf der Schiffe bildet, in die Donau gepumpt. Das ist allerdings mit Öl und Dieseltreibstoff verunreinigt. Gruber erklärt, warum das kaum auffällt: „Durch die Beigabe von Geschirrspülmittel bildet das auf der Wasseroberfläche keine Schlieren und bleibt unauffällig. Das lernt man schon in der Ausbildung“, ergänzt er.

Kontrollen der Entsorgung seien ihm dabei in seiner gesamten Dienstzeit niemals untergekommen.

Chefsache

Nach der Berichterstattung im KURIER hat Volksanwalt Peter Fichtenbauer jedenfalls ein Prüfverfahren eingeleitet. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) will das Thema sogar zur Chefsache machen – damit der braune Schaum von der Wasseroberfläche verschwindet und wieder die blaue Donau besungen werden kann. Denn die Wachau scheint laut oberster Schifffahrtsbehörde der Hotspot des Problems zu sein.

Derzeit entsteht im Verkehrsministerium eine Taskforce, die mit Information und Schwerpunktkontrollen Druck machen soll.

Bei den Kontrollen sieht Gruber allerdings ein grundsätzliches Problem: „Selbst, wenn man Fäkalien an Entsorgungsstellen abpumpt und das dokumentiert, weiß niemand, ob das alles ist, was anfällt. Es kann ja vorher schon etwas entsorgt worden sein.“ Damit der Tank ausreicht, müsste man eigentlich die Passagierzahlen beschränken. Bleibt die Frage, ob die Schiffe dann noch wirtschaftlich wären.

Das lässt Vera Hofbauer, Leiterin der obersten Schifffahrtsbehörde, so nicht gelten: „Man kann anhand der Personenzahlen schon abschätzen, welche Mengen da realistisch sind.“ Dass das Gesetz die Entsorgungsdokumentation bei Fäkalien nicht ausdrücklich verlangt, macht die Aufgabe auch nicht einfacher.

Brauner Schlamm auf blauer Donau

Ordnungsgemäß

„Die Behandlung von Abfällen erfolgt in unserem Betrieb nach einem vorgegebenen Abfallwirtschaftsplan und gehört zum unternehmerischen Alltag. Schwarz- und Grauwasser wird in einem Tank an Bord gesammelt, durch eine Aufbereitungsanlage behandelt und ordnungsgemäß entsorgt“, erklärt Barbara Brandner, Chefin der gleichnamigen Schifffahrt. Das gleiche betont Florian Noé von der Donauschifffahrt Wurm & Noé. Eine Stellungnahme der DDSG Blue Danube ist ausständig.

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