Hobby-Konditoren senken Niveau bei Meisterprüfungen

Hobby-Konditoren senken Niveau bei Meisterprüfungen
Weil immer mehr Hobbyzuckerbäcker an den Meisterkursen für gelernte Konditoren teilnehmen, würde deren Titel abgewertet.

Torten und Konfekt verlocken nicht nur zum kulinarischen Genuss, sondern immer häufiger auch zum Berufswechsel.

Die Nachfrage nach der Teilnahme an Meisterkursen für Konditoren beim Wifi Niederösterreich ist insbesondere im vergangenen Jahr enorm angestiegen. „Die Konditorei scheint gerade richtig im Trend zu liegen“, sagt Brigitte Thür vom Wifi NÖ. Pro Kurs gäbe es doppelt so viele Bewerber wie Kursplätze und das, obwohl mittlerweile drei statt nur einem Meisterkurs pro Jahr angeboten werden. Eine bereits einige Jahre zurückliegende Gesetzesänderung ermöglicht es, dass kein Gesellenbrief für den Antritt zur Meisterprüfung von Nöten ist – einzige Voraussetzung ist ein Mindestalter von 18 Jahren.

Niveauunterschiede

Darunter leiden Kursteilnehmer, die vom Fach kommen. Sandra P., eine Betroffene, die anonym bleiben möchte, erzählt: „In meinem Kurs waren mit mir drei gelernte Konditoren und elf Quereinsteiger. Das hat die Gruppe extrem gebremst, wir hatten ein viel geringeres Arbeitstempo durch die fehlende Erfahrung der anderen Kursteilnehmer.“

Niedergelassene Konditoren sehen eine Abwertung des Meistertitels durch die Entwicklung. Heinz Ferstl, Konditor aus Wr. Neustadt, sitzt auch im Komitee bei Meisterprüfungen: „Durch die Quereinsteiger kommt es zu einem krassen Niveauunterschied bei den Kursen und Prüfungen. Momentan bemerkt man leider wirklich einen Niveauverlust des Meistertitels.“

Die größten Schwierigkeiten für Quereinsteiger würden beim Arbeiten mit großen Mengen auftreten: „Ihnen fehlt die Erfahrung der Handhabung von Materialien und das Verständnis für rationelles Arbeiten“, so Ferstl. Um einen Platz in seiner Backstube zu bekommen, müssen im Lebenslauf also eine abgeschlossene Lehre und entsprechende Praxisjahre stehen, nur so könne Qualität garantiert werden. Sandra P. sieht das ähnlich: „Als Meister leitet man eigentlich eine Backstube. Wenn dann eine Bestellung von 1000 Krapfen reinkommt, dann steht man als Quereinsteiger und dennoch Meister da und hat das noch nie gemacht, weil man noch nie als Konditor gearbeitet hat“, erzählt Sandra P.

Bei der Wirtschaftskammer erkennt man das Problem nur teilweise an. Leo Jindrak, Konditor und Bundesinnungsmeister der Konditoren sagt: „Natürlich kann es schwierig sein in den Kursen. Aber auch als Quereinsteiger muss man im Endeffekt die Prüfung schaffen.“

Da die Nachfrage von Quereinsteigern mittlerweile so groß ist, wurde ein Wifi-Grundkurs installiert, der vor dem Meisterkurs positiv absolviert werden muss. Jindraks Stellvertreter Thomas Hagmann, der in NÖ zuständig ist, argumentiert: „Der Grundkurs hat das Niveau einer Lehrabschlussprüfung und den muss man immerhin auch schaffen. Es entsteht kein Qualitätsverlust, ohne Können geht es nicht. Bei den fachlichen Fertigkeiten gibt es kein Problem.“

Praxiserfahrung ist durch die neue Regelung kein Muss mehr. „Auch der Grundkurs kann die fehlende Praxis nicht wettmachen“, argumentiert Konditor Ferstl. Der Niveauunterschied bei der Prüfung sei deutlich spürbar. Einer seiner Konditoren unterrichtet im Meisterkurs: „Von ihm höre ich immer wieder, dass die gelernten Kursteilnehmer unterfordert und gebremst werden.“

Freier Zugang

Der freie Zugang zu den Meisterkursen besteht auch bei anderen Berufsfeldern, jedoch gibt es dabei keinen ähnlich großen Zustrom. „Keiner repariert eine Dusche und denkt sich: Jetzt orientiere ich mich um und werde Installateur! Aber viele Leute backen gerne in ihrer Freizeit, wollen ihren Bürojob loswerden und ihr Hobby zum Beruf machen – das spüren wir Konditoren dann stark“, sagt Sandra P.

Von Theresa Bittermann

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