Die heute 80-Jährige hat in Weigelsdorf (Ebreichsdorf, Bezirk Baden) das „Empire of Glass“ gegründet und sich mit diesem gläsernen Imperium einen Lebenstraum erfüllt.
Wie es sich für ein Imperium gehört, gibt es auch eine Burg. Natürlich eine gläserne Burg. Sieben Millionen Glasmosaik-Steine in allen Farben zieren die Außenwand der Glaswelt Kuchler. Die Fassade ist beeindruckend, die Burg hat es aber auch in sich. Nämlich ein Glasmuseum, das vom Sandkorn über die Glasbläserei bis zum Kunstobjekt den zerbrechlichen Weg des Glases nachzeichnet. Eine Kunstgalerie, einen Zaubergarten und einen Shop gibt es auch. Und sogar eine eigene Glasbläserei, eine von wenigen in Österreich. Die „ganz banale“ Glaserei sei auch erwähnt.
Start in der Garage
Dabei hat alles ganz klein begonnen, erzählt Hilde Kuchler. Und zwar in einer Garage, „auf drei mal zehn Meter“, erinnert sie sich an die erste Glaserei. 1966 war das. Ihren Mann, Peter Kuchler, hatte sie wenige Jahre zuvor kennengelernt. „In der Bahn, wenn ich in die Arbeit gefahren bin. Da war ich 16, mit 19 habe ich geheiratet.“ Eine Lehre in einem großen Kaufhaus hatte sie gemacht und dann dort gearbeitet, aber bald „dachte ich, das kann es nicht sein.“ Also besuchte sie eine Handelsschule, wurde Sekretärin und schließlich wagte das junge Ehepaar Kuchler den Schritt in die gläserne Selbstständigkeit.
Vier Jahre blieb man in der Garage, dann konnte man ein Grundstück an der Pottendorfer Straße erwerben, wo sich der Betrieb auch heute noch befindet. Das Geschäft ging gut, die Glaserei wuchs langsam, aber stetig, doch „ich habe immer gesagt, wir brauchen etwas, womit wir über den Ort hinaus bekannt werden. Denken wir doch über ein Museum nach“, so Hilde Kuchler.
Es blieb nicht beim Nachdenken. Und auch nicht beim Museum. Hilde Kuchler hatte den Meisterkurs für Glasmacherei gemacht und so richtig Feuer gefangen. Eine eigene Glasbläserei musste her. „Dafür habe ich meine ganzen Ersparnisse genommen“, erzählt sie. Zerbrechliche Kunstwerke in vielen Farben und Formen konnten bei 1.400 Grad selbst geformt werden – und das werden sie bis heute.
Allerdings werkt mittlerweile Enkel und Glaskünstler Peter Kuchler hier. „Dass die Familie es weiterführt, darauf bin ich stolz“, sagt Hilde Kuchler mit einem breiten Lächeln in Richtung vom „Dreier“. So genannt, weil die Kuchler-Männer vom Firmengründer über den Sohn bis eben zum Enkel alle Peter heißen und deshalb einfach durchnummeriert wurden.
Glas hält jung
Hilde Kuchler ist aber auch mit 80 Jahren nicht im Ruhestand. „Glas hält mich jung und somit am Leben“, betont sie. Ihre Kreativität ist ungebrochen. Sie macht etwa Entwürfe für gläserne Kunstwerke und gibt seit vielen Jahren Kurse, besonders gerne für Kinder, „weil Kreativität und Kunst für sie wichtig sind“. Dabei wird mit zwar flüssigem, aber kaltem Glas gearbeitet.
Hilde Kuchler denkt aber auch gerne groß. Das europaweit einzigartige Glasmosaik auf ihrer Burg zeugt schon davon. Vor zwei Jahren präsentierte sie – im Schmetterlingshaus Tattendorf – etwa den größten Glas-Schmetterling aller Zeiten. Das Meisterwerk mit einer Flügelspannweite von vier Metern bestand aus mehr als 1.000 von ihr handgefertigten Glas-Schmetterlingen.
Und auch der Beitrag der Glasdesignerin zur Landesausstellung 2019 in Wiener Neustadt war unübersehbar und „eine meiner größten Herausforderungen“, betont sie. Eine Glaskreuz-Harfe schwebte im Dom, über fünf Meter hoch, mehr als zwei Meter breit, bestehend aus 6.000 kleinen Glas-Kreuzen.
Große Liebe
Der 80. Geburtstag war nun aber nicht nur Anlass zum Feiern, sondern auch für Ehrungen. Die Gemeinde Ebreichsdorf verlieh Hilde Kuchler den Ehrenring der Stadt, der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband ehrte sie für ihr Lebenswerk. Doch Ruhe will sie weiter keine geben. „Wir wollen ein Restaurant eröffnen und das Museum modernisieren. Und ich mache mich dafür stark, dass die Glasmacherei als immaterielles Kulturerbe anerkannt wird“, erzählt Hilde Kuchler mit jugendlichem Elan.
„Ich lebe meine Liebe zu Glas jeden Tag“, so lautet ihr Motto.
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