Gerüchte über Bordell lassen in Wohnsiedlung die Wogen hochgehen
„Wir sind verzweifelt“, gibt eine Anrainerin unumwunden zu. In dem Rohbau in der Langenzersdorfer Tuttenhofstraße (Bezirk Korneuburg), der gegenüber ihrem Haus liegt, wird seit Jahren unentwegt gebaut. Was dort entstehen soll? Mit Sicherheit kann sie das nicht sagen. Einblicke in die Pläne erhielten die Bewohner der Siedlung auf der Gemeinde nämlich keine.
Ein Online-Inserat ließ bei ihnen jedoch die Alarmglocken schrillen; darin wurde das Grundstück zum Verkauf ausgeschrieben. „Beherbergung möglich – Praterstern in 20 Minuten“, so der Wortlaut. Das Inserat wurde längst entfernt. Die Angst, dass direkt vor ihrer Haustüre eine Beherbergungsstätte, ja vielleicht sogar ein Bordell entstehen könnte, bleibt bei den Bewohnern jedoch.
Jahrelanger Rechtsstreit
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass die Anrainer auf Ungereimtheiten bei dem Projekt hinweisen. 2015 wurde der Grundstein für den Bau gelegt, der einst als Wohngebäude geplant war. Gewohnt hat darin aber noch nie jemand – stattdessen ist der Rohbau seit Jahren ein Fall für die Gerichte.
Schon der erste Eigentümer, ein ehemaliger Gemeinderat, wurde mit einem Abbruchbescheid für das Gebäude konfrontiert. Kein Wunder, hatte dieser doch um einiges größer gebaut, als die Gemeinde damals genehmigt hatte. Zu einem Abriss kam es aber nie; der Gemeinderat reichte damals ein neues Projekt ein, das, so ÖVP-Bürgermeister Andreas Arbesser, „bewilligungsfähig“ war.
Und bis heute ist es diese Baubewilligung, die ein Vorgehen gegen die Pläne der jeweiligen Eigentümer – mittlerweile drei an der Zahl – für die Gemeinde und die Anrainer vereitelt hat. 40.000 Euro haben zwei Bewohner bereits in ihre Rechtsvertretung investiert, um gegen den Bau vorzugehen. Allerdings war das Ergebnis aller Verhandlungen bisher immer dasselbe: Das Projekt entspricht der einstigen Bewilligung und ist damit rechtskonform.
„Es ist frustrierend. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass all das, was wir in dieser Sache bereits aufgedeckt haben, umsonst gewesen sein soll“, hofft die Anrainerin, dass in der Sache doch noch Gerichte oder Behörden einschreiten. Vor allem deshalb, weil das Gebäude instabil sein soll. „Das Dach ist beschädigt, die Wände haben Risse, die notdürftig gekittet wurden, und die Bodenplatte ist zu klein. Es ist Gefahr in Verzug, aber offenbar muss erst etwas passieren, damit gehandelt wird.“
„Wollen nichts Böses“
Derzeit sieht es aber nicht danach aus, als würden die Bauarbeiten gestoppt – im Gegenteil. Beim aktuellen Projekt sind in beiden Gebäudeteilen mehrere Einzelzimmer geplant sowie je eine Küche und ein Bad. Eine Nutzung, die die Gemeinde untersagte. Die Gerichte bis hin zum Obersten Gerichtshof sahen das jedoch anders; die einst genehmigte Nutzung als Wohneinheiten sei nach wie vor gegeben, so die Argumentation.
Für die Gemeinde bedeutet das, dass derzeit alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. „Wir müssen warten, bis weitere bauliche Maßnahmen gesetzt werden“, erklärt Bürgermeister Arbesser. Erst dann könne die Gemeinde wieder einschreiten und klären, ob der neue Eigentümer den Bau entsprechend der Baubewilligung ausgeführt hat. Eine gewerbliche Nutzung sei jedenfalls nicht zulässig.
Das sei aber auch gar nicht geplant, sagt Yaniv Kaikov, Geschäftsführer der zuständigen Immobilienverwertung. Er will gegenüber dem KURIER mit allen Spekulationen aufräumen. „Es entstehen dort zwei Wohngemeinschaften: eine für Bauarbeiter, eine für Studenten. Das Projekt ist genehmigt und gesetzeskonform, auch mit dem Gebietsbauamt ist alles abgeklärt“, sagt er. Ausschlaggebend für seine Investition sei die Lage des Gebäudes gewesen, unmittelbar neben der Bahnstation. Gerüchte, dass hier mitten im Siedlungsgebiet ein Bordell entstehen soll, dementiert Kaikov entschieden. „Wir wollen den Bewohnern dort nichts Böses, eine gute Nachbarschaft ist uns wichtig“, betont er.
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