ÖVP muss in Vösendorf den Bürgermeister-Sessel für die SPÖ räumen

Ein Mann und eine Frau unterschreiben einen Vertrag.
Die Volkspartei verlor bei der Gemeinderatswahl im September die absolute Mehrheit. Sozialdemokraten besiegeln nun Koalition mit Bürgerliste. Gabi Scharrer wird neue Bürgermeisterin.

Seit dem Ende des II. Weltkrieges galt Vösendorf im Bezirk Mödling als SPÖ-Hochburg. Bis zum Jahr 2015 regierten die Sozialdemokraten mit absoluten Mehrheiten. Bei der Gemeinderatswahl 2020 gelang der ÖVP mit Spitzenkandidat Hannes Koza dann die große Überraschung. 

Man konnte die SPÖ-Vorherrschaft beenden - kam zwar nur auf Platz zwei in der Wählergunst hinter den Sozialdemokraten, konnte sich in einer Koalition mit den Grünen aber das Bürgermeister-Amt sichern. Nun muss die ÖVP den Sozialdemokraten wieder Platz machen.

Außertourliche Neuwahlen hatten Kozas ÖVP-Liste im Jahr 2024 - trotz vorangegangener Aufregung um eine vom Bürgermeister der Gemeinde verrechnete, private Anwaltsrechnung - sogar selbst die absolute Mehrheit beschert. Doch nach einem vorgetäuschten Angriff auf sich trat der Bürgermeister im Februar 2025 zurück, die Oppositionsparteien legten ihre Mandate geschlossen zurück und erzwangen so wieder Neuwahlen.

ÖVP stellte Bürgermeister-Anspruch

Diese endeten im September mit deutlichen Verlusten für die ÖVP. Man fiel von 17 auf 12 Mandate zurück, blieb aber stimmenstärkste Partei im Gemeinderat. Bürgermeisterin Birgit Petross, die das Amt nach Kozas Rücktritt übernommen hatte, bekräftigte zwar den Anspruch der ÖVP, auch weiterhin die Führung im Rathaus zu behalten. Sie konnte aber keinen Partner für eine Zusammenarbeit in den kommenden fünf Jahren finden.

SPÖ-Spitzenkandidatin Gabriele Scharrer hingegen nahm sofort Gespräche über eine Koalition unter roter Führung auf - und konnte diese nun erfolgreich abzuschließen. Sie wird Vösendorfs neue Bürgermeisterin - Ehemann Friedrich Scharrer hatte das Amt bereits in den Jahren 2009 bis 2015 inne.  

Liste V2000 als Koalitionspartner

Die SPÖ unterzeichnete am Freitag ein Arbeitsübereinkommen mit der Bürgerliste V2000, die sich bei der Gemeinderatswahl von drei auf sechs Mandate verdoppeln konnte. Spitzenkandidat Peter Meisinger wird neuer Vizebürgermeister. 

Gemeinsam kommen SPÖ und V2000 nur auf 16 der 33 Mandate im Gemeinderat. Ebenfalls unterstützt - wenn auch nicht im Rahmen der offiziellen Zusammenarbeit - wird man allerdings dem Vernehmen nach von den Neos und den Grünen in Vösendorf. Damit verfügt die Vierer-Koalition gemeinsam über eine Mehrheit von 18 Mandaten.

Ein Paar geht mit einem Hund vor einem Gebäude spazieren.

Peter Meisinger (Liste V2000) wird Vösendorfs nächster Vizebürgermeister.

"Nach den turbulenten vergangenen Jahren gibt es nun einen guten Weg in die Zukunft für Vösendorf", verspricht die neue Bürgermeisterin. "Für unsere Gemeinde beginnt eine Phase der Zusammenarbeit auf Augenhöhe – geprägt von Verlässlichkeit, Respekt und dem klaren Willen, Verantwortung gemeinsam zu tragen. Nur so ist es möglich, die Vergangenheit aufzuarbeiten, Transparenz zu schaffen und einen Neustart zu ermöglichen."

"Gemeinsame Entscheidungen"

Das Koalitionsabkommen schaffe "eine stabile Grundlage für die kommenden Jahre", ist Scharrer überzeugt. "Auch über die Koalition hinaus gibt es eine breite Bereitschaft im Gemeinderat, Entscheidungen gemeinsam zu tragen."

Zwei Neos-Politiker in Vösendorf.

Auch Neos-Spitzenkandidat Karim Pfeil (hier mit Landessprecherin Indra Collini) wird die neue Koalition unterstützen.

Die künftige Bürgermeisterin betont: „Wir haben in den letzten Wochen viele gute Gespräche geführt. Klar ist: Die Mehrheit im Gemeinderat will konstruktiv arbeiten. Für uns zählt Offenheit, Transparenz und Respekt. Wir wollen niemanden ausschließen – jede Fraktion und jedes Mitglied des Gemeinderats soll die Möglichkeit haben, aktiv mitzuwirken und Ideen einzubringen.

"Entscheidend ist das beste Argument – nicht die Parteifarbe"

Man wolle "alle wesentlichen Entscheidungen nachvollziehbar treffen", so Scharrer: "Weg von alten Mustern, hin zu konstruktiver Gemeindepolitik."

V2000-Obmann Peter Meisinger ist zufrieden mit dem Ergebnis der Koalitionsverhandlungen: "Wir haben mit der SPÖ offen und auf Augenhöhe über Aufgaben und Lösungen verhandelt." Es sei "ein Koalitionsvertrag zwischen zwei fairen Partnern, der die Zukunft des Ortes und seiner Menschen in den Mittelpunkt stellt. Unsere Visionen für Vösendorf werden wir gerne mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien teilen und diskutieren."

Konstituierende Sitzung am Montag

Man wolle "gemeinsam an der Entwicklung unseres Ortes, an Lösungen schwieriger Herausforderungen und an einem spürbaren Zusammenhalt zu arbeiten, ist sicher auch das Ziel aller zukünftigen Mandatarinnen und Mandatare", sagt der künftige Vizebürgermeister. "Wir stellen das Verbindende vor das Trennende."

Die konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderats findet am Montag, 20. Oktober, um 18 Uhr im Gemeindeamt Vösendorf statt. 

Im Rahmen dieser Sitzung wird die Wahl der Bürgermeisterin erfolgen.

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