Gaffer nach Unfall am Pranger

Gaffer nach Unfall am Pranger
Feuerwehr knipste 60 Schaulustige die Fotos und Videos von einem Unfall auf der Südautobahn machten. Die Einsatzkräfte wurden dadurch behindert.

Die Einsatzkräfte haben die Sensationslust undisziplinierter Autofahrer lange Zeit schweigend in Kauf genommen. Damit scheint nun aber Schluss zu sein.

Nach einem stundenlangen Einsatz am Donnerstag auf der Südautobahn bei Wiener Neustadt (NÖ) ist der Feuerwehr der Kragen geplatzt. Weil schau- und sensationslustige Autolenker nicht nur den Rettungseinsatz behindert, sondern durch ihren waghalsigen Voyeurismus auch ein Verkehrschaos ausgelöst haben, bekommen diese nun in einem offenen Brief der Einsatzkräfte ihr Fett ab.

Auf Grund eines zehn Kilometer langen Baustellen-Abschnitts mit Gegenverkehrsbereich ist die A2 zwischen Wr. Neustadt und Seebenstein ein heikles Nadelöhr. Der Reifenplatzer eines mit Gesteinsmaterial beladenen Sattelschleppers, der die bauliche Abtrennung zwischen den Fahrsteifen durchschlug, führte am Donnerstag binnen kürzester Zeit zu einem kilometerlangen Stau in beiden Fahrtrichtungen.

Bevor allerdings mit den Bergearbeiten begonnen werden konnte, musste der Gegenverkehrsbereich geräumt werden. "Die Autolenker waren aus den Fahrzeugen ausgestiegen und verschliefen die Öffnung der Fahrspur. Als die Autos dann endlich vorbei fuhren, wurde von den Insassen gefilmt und fotografiert, was das Zeug hielt", erklärt der Sprecher der Feuerwehr Wiener Neustadt, Richard Berger.

Verzögerung

Die Gaffer mussten aufgefordert werden, das Filmen einzustellen und weiterzufahren. 30 Minuten dauerte es schließlich, bis die neugierige Menge durchgewunken war.

Damit noch nicht genug, bildete sich auf der eigentlich freien Gegenfahrbahn ebenfalls wegen der Schaulustigen ein Stau. Das Fass zum Überlaufen brachte ein Fahrzeuglenker mit Tullner Kennzeichen, der auf der einzig befahrbaren Spur in Richtung Wien seinen Wagen anhielt und ausstieg, um seelenruhig Fotoaufnahmen von der Unfallstelle zu machen.

Insgesamt wurden mehr als 60 Gaffer beim Filmen vom entnervten Feuerwehr-Fotografen geknipst. "Und auch wenn Ihre Beifahrerin unbedingt noch ein Foto von den sportlichen jungen Männern in Uniform machen will. Wir haben genug davon auf unserer Homepage und die Kollegen der Berufsfeuerwehr Wien veröffentlichen sogar jährlich einen Kalender", heißt es von Seiten der Feuerwehr sarkastisch.

Auch anderorts ist der Voyeurismus ein heikles Thema. "Dass wir bei fast jedem Unfall schon einen Sichtschutz aufbauen müssen, weil Neugierige kein Benehmen mehr kennen, ist einfach nicht in Ordnung", sagt Philipp Gutlederer vom Bezirksfeuerwehrkommando Amstetten.

Strafen

Was bisher den meisten Schaulustigen nach Unfällen zu Gute gekommen ist, ist die Tatsache, dass die Polizei meist mit anderen Dingen beschäftigt ist, als die Kennzeichen von filmenden Gaffern zu notieren. Wenn doch dafür Zeit bleibt, stehen den schwarzen Schafen sehr wohl Strafen ins Haus. Wer Einsatzfahrzeuge behindert oder vorschriftswidrig auf einer Autobahn anhält, riskiert ein Organmandat von 40 Euro oder eine Anzeige, die meistens deutlich teurer ausfällt. Wer absichtlich langsam fährt und die Mindestgeschwindigkeit auf einer Autobahn von 60 km/h unterschreitet, kann mit bis zu 726 Euro belangt werden.

In Deutschland wurden die Strafen erst kürzlich verschärft. Gaffen und das Behindern von Einsatzkräften ist dort mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht.

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