Fall Wastl: Ehemann glaubt nicht an Todessturz

Fall Wastl: Ehemann glaubt nicht an Todessturz
Der Tod seiner Frau ist nach zehn Jahren für ihn Gewissheit. Paul Wastl hofft, dass ihr Leichnam doch noch gefunden wird.

Seine Frau wird nicht mehr zurückkommen. Zehneinhalb Jahre hat Paul Wastl gehofft, gezittert und gebangt, "einmal mehr, einmal weniger". Doch mit der Wende im Kriminalfall um seine Frau Heidrun Wastl hat er sich damit abgefunden, dass sie niemals mehr ihr gemeinsames Häuschen in Wiener Neustadt betreten wird. Paul Wastl ist sich sicher: "Für mich ist es jetzt gewiss. Meine Frau ist tot."

Waldspaziergang

Fall Wastl: Ehemann glaubt nicht an Todessturz

Der von Anfang an hauptverdächtige Bautischler Erich W., 41, hat nach mehr als zehn Jahren gestanden, die damals 38-jährige Frau sterbend im Wald zurückgelassen zu haben. Die Version von einem "unglücklichen Sturz beim Waldspaziergang" nimmt Wastl dem Verdächtigen nicht ab.

Dass die sterblichen Überreste seiner Frau irgendwo im Dickicht vergraben liegen, glaubt er hingegen schon. Das "Cold Case"-Management des Bundeskriminalamtes hat mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften tagelang nach der Leiche in dem Wald bei Ofenbach im Bezirk Wiener Neustadt gesucht – bisher ohne Erfolg. Der KURIER hat Paul Wastl getroffen und mit ihm über die Wende des Falles gesprochen.

Fall Wastl: Ehemann glaubt nicht an Todessturz

KURIER: Herr Wastl, wie geht es Ihnen, nachdem Sie erfahren haben, was Ihrer Frau zugestoßen sein soll?

Paul Wastl: Wir haben zehn Jahre lang in Ungewissheit gelebt, was tatsächlich geschehen ist. Irgendwie ist es eine Erleichterung, Antworten zu bekommen. Ich bin nach der langen Zeit ausgebrannt.

Haben Sie sich damit schon abgefunden?

Ich mache mir sicher keine Hoffnungen mehr, dass die Türe aufgeht und sie plötzlich wieder auftaucht. In den vergangenen Jahren hat meine Frau für mich immer gelebt. Das ist jetzt nicht mehr so.

Ist es für Sie wichtig, dass die sterblichen Überreste Ihrer Frau gefunden werden?

Natürlich! Ein richtiges Begräbnis und die Möglichkeit, sich verabschieden zu können, sind etwas anderes als ein Gedenkstein auf dem Friedhof. Ich habe dort immer wieder eine Kerze für sie angezündet.

Ihr Sohn war sechs Jahre, als seine Mutter spurlos verschwunden ist. Wie geht es ihm jetzt?

Er ist sehr stark. Ich konnte ihm nie eine Antwort auf seine Frage geben, wo die Mama ist. Jetzt gibt es eine Erklärung dafür.

Wie geht es Ihnen damit, wenn Sie hören, dass Erich W. Ihre Frau aus Panik allein im Wald zurückgelassen hat?

Ich hoffe jedenfalls, dass er damit nicht ungeschoren davonkommt. Selbst wenn er ihr nur die Hilfe verweigert hat. Die Justiz wird das aber sicher entsprechend entscheiden.

Die Suche geht weiter

Fall Wastl: Ehemann glaubt nicht an Todessturz

Kommende Woche soll es im Wald bei Ofenbach einen Lokalaugenschein der Staatsanwaltschaft und dem Bundeskriminalamt mit dem beschuldigten Bautischler geben. Er wird nochmals genau zum Tathergang befragt.

Chef­ermittler Kurt Linzer vom Bundeskriminalamt kann sich auch noch eine weitere Suche nach der Leiche vorstellen. "So schnell wird der Fall nicht abgeschlossen. Das sind wir den Angehörigen schuldig", gibt sich der Spitzenbeamte kämpferisch.

Chronologie: Vom Verschwinden bis zum späten Geständnis

Heidrun Wastl, 38, verschwand am 28. September 2001 zwischen 10 und 11 Uhr aus ihrem Wohnhaus im Zehnerviertel von Wiener Neustadt. Es gibt zwei Zeugen, die die Kindergartenhelferin zuletzt gesehen haben wollen.

Der Tischler Erich W. gab selbst an, am Vormittag des 28. September im Haus der Familie Wastl gewesen zu sein, um etwas auszumessen. Ein Nachbar, der als Zeuge auftrat, will danach noch gesehen haben, wie die 38-Jährige in eine dunkle Limousine stieg. Dies war die letzte Zeugenwahrnehmung.

Um die Mittagszeit meldete sich der Kindergarten bei Paul Wastl, dass sein sechsjähriger Sohn wie sonst üblich, an diesem Tag nicht abgeholt wurde. Der Ehemann fuhr kurz darauf nach Hause, um nach seiner Frau zu suchen. Ihr Auto stand unangetastet in der Garage und die Geldbörse samt der Ausweise und dem Bargeld lag auf einer Kommode.

Einige Tage nach dem Verschwinden der Frau, fand sich im Briefkasten ein ominöser Abschiedsbrief. Es dauerte genau ein Jahr, bis ein Gerichtssachverständiger herausfand, dass das Schreiben fingiert war und das Schriftbild eindeutig mit jenem von Tischler Erich W. übereinstimmte. Der Mann gab zu, dass er von sich ablenken wollte. Nachdem der Fall vom BK Anfang des Jahres neu aufgerollt wurde, kam nach mehr als zehn Jahren die späte Beichte. Erich W. gestand, mit Wastl an besagtem Tag einen Waldspaziergang unternommen zu haben. Sie sei so unglücklich gestürzt, dass sie leblos im Wald liegen geblieben sei. Aus Angst, dass ihre Liaison auffliegen könnte, sei W. geflüchtet und habe sie zurückgelassen.

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