Erstmals belegt Studie: Wachau wird von Touristen überrannt

Besucherandrang in der Altstadt in Dürnstein
Mehr als 8.000 Besucher an einem Wochenendtag, in den Ferien bis zu 12.000. Bis 2020 sollen Gästeströme entzerrt werden.

Kaum hat die Sommersaison begonnen, strömen Tausende Touristen in die Wachau. Vor allem die Bewohner in Dürnstein fühlen sich von den Gästen überrannt und stöhnen unter dem Aufwand, der etwa durch die Müllentsorgung entsteht.

Während andere europäische Tourismusziele - zum Beispiel Venedig - mit Eintrittsgeldern versuchen, die Besucherströme zu kanalisieren, will man in der Wachau andere Wege finden. Das neue Konzept umfasst etwa neue vordefinierte Besucherrouten, ein einheitliches gebührenpflichtiges Busparksystem für die gesamte Region und digitale Guides via Handy-App.

900 Einwohner, bis zu 12.000 Besucher

Das Gefühl vieler Wachauer, "überrannt" zu werden, belegen aktuelle Gästezählungen und Befragungen. Laut einer Studie der „Kondeor Tourismusforschung“ war die Besucherfrequenz im vergangenen September am höchsten: An einem Werktag besuchten im Schnitt 5580 Touristen die historische Altstadt.

An einem Wochenende waren es durchschnittlich 8540 Personen pro Tag. Je nach Jahres- und Ferienzeit schwanken die Besucherzahlen zwischen 1.650 und 12.240.  Zum Vergleich: Dürnstein hat aktuell nicht einmal 900 Einwohner.

Erstmals belegt Studie: Wachau wird von Touristen überrannt

Experten und Vertreter der Region präsentierten die Ergebnisse.

Ein Drittel der Gäste bleibt maximal 90 Minuten

Für die Touristiker ist auch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer interessant. 33 Prozent der Gäste bleiben maximal 90 Minuten in Dürnstein. „Nur wenn sich die Besucher länger als viereinhalb Stunden im Ort aufhalten, sind sie wertschöpfungsrelevant“, erklärt Dietmar Kepplinger, Geschäftsführer von „Kondeor“. Sprich, dann liegen die durchschnittlichen Ausgaben immerhin bei rund 39 Euro pro Person. Weil ein Großteil der Gäste auch per Rad anreist, ist zusätzlich die Anzahl erhoben worden: Am 15. August 2018 wurden mit 1565 Fahrrädern die meisten gezählt.

Mit Apps weg vom Zentrum

Damit in Dürnstein - und in der gesamten Region - die Besucherströme entzerrt und besser gelenkt werden können, will man bis Sommer 2020 mehrere Maßnahmen realisieren. Es geht dabei vor allem um die Monate Juni bis Oktober.

Neue Routen abseits der historischen Altstadt von Dürnstein sollen die Besuchermassen auf den gesamten Ort besser verteilen. Dafür werden ein neuer Stadtplan und digitale Guides, die als Apps auf das Smartphone geladen werden können, entwickelt. „Es geht uns darum, dass nicht alle Gäste sofort den gleichen Pfad gehen“, sagt Andreas Nunzer, Vorsitzender der Welterbegemeinden Wachau.

Außerdem sollen alternative Ausflugsziele rund um Dürnstein und an der Donaulände – vor allem für die Radfahrer – besser beworben werden. Wichtig seien auch ein innerörtliches Leitsystem und einheitliches Busparksystem (mit gleichen Gebühren für die gesamte Region), für das bis Herbst ein Konzept ausgearbeitet werden soll. Erste Gespräche habe es auch mit den Schifffahrtsbetreibern gegeben, um die Besuche in Dürnstein besser abstimmen zu können.

Auch die Wertschöpfung war ein Thema. „Es geht nicht um Masse, sondern um Klasse. Die Gäste sollen nicht nur unsere Landschaft nutzen, sondern bei uns auch mehr konsumieren“, betont Mario Pulker, Hotellier und Obmann der Tourismusregion Wachau. Weitere Bedarfserhebungen sind geplant, um zu schauen, wie groß die Bettenauslastung ist und wo weitere Hotelbetten fehlen.

Keine "Sondersteuer"

Die sogenannte "Welterbe-Abgabe", also eine Art Sondersteuer für die Gäste, von der vor knapp einem Jahr noch die Rede war, ist nun kein Thema mehr.

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