"Welterbe-Abgabe": Wachau plant Sondersteuer für Touristen

Besucherandrang in der Altstadt in Dürnstein
Zu bestimmten Zeiten überschwemmen Massen von Besuchern besonders die Hotspots im Weltkulturerbe Wachau

Punktuell schwer bewältigbarer Gästeandrang hat die Schmerzgrenze erreicht. Der Massenandrang von Touristen in einigen Orten der Wachau belastet die Nerven Einheimischer ebenso wie die Budgets betroffener Gemeinden immer stärker. Die in der Vergangenheit oft angesprochene, aber immer wieder verworfene Idee einer Gebühr für Wachau-Besuche könnte als sogenannte „Welterbe-Abgabe“ tatsächlich bald Realität werden. Dass der neu gestartete Diskussionsprozess zu einer Lösung führt, davon geht die „ Donau Niederösterreich“ auf KURIER-Anfrage aus.

Die Gemeinden haben bereits begonnen, ihren zusätzlichen Aufwand zu erheben, der ein derartiges Modell rechtfertigt. Frequenzzählungen sollen Daten als Grundlage für künftige Verhandlungen liefern.

Wie groß der Andrang inzwischen ist, zeigt sich am deutlichsten in Dürnstein. „Bis zu eine Million Menschen kommen jährlich zu uns“, sagt Bürgermeister Johann Schmidl. Pro Tag würden mehrere tausend Touristen durch die engen Gassen pilgern. Oft kommen sechs Schiffe und zehn Busse gleichzeitig an, was ein „kleiner Wahnsinn“ sei. Ohne die Touristen vergraulen zu wollen, kann er sich eine Sondergebühr für Gäste vorstellen. Wichtiger sei ihm aber eine bessere Abwicklung mit den Schiffen, um Besucherströme günstiger verteilen.

Meinungen

Über die Auswirkungen einer solchen „Solidarabgabe“ sind die Menschen geteilter Meinung. Ausgerechnet Touristen, die das direkt treffen würde, scheinen aber zumindest teilweise Verständnis aufzubringen. „Grundsätzlich verstehe ich das Anliegen der Gemeinden. Doch macht es einen Unterschied, ob Schiffstouristen, wie uns Einheimische erzählen, in Massen einfallen, ohne einen Euro dazulassen, oder ob wir Radfahrer ein Quartier buchen, wo wir ohnehin Tourismusabgabe bezahlen“, meint Peter Bohrmann aus Düsseldorf. Er empfiehlt jedenfalls eine wirtschaftliche Art der Einhebung, damit der Aufwand nicht den Erlös übersteigt.

Anneliese Frischengruber-Schweikhardt aus Kasten bei St. Pölten hat keine Freude mit der Idee: „Wir sind zum Shoppen nach Krems gekommen und um die Atmosphäre zu genießen. Warum noch etwas zahlen?“ Günter Schintag aus dem bayrischen Deggendorf spöttelt: „Einfach die Tourismustaxe erhöhen, das fällt nicht auf.“

Dass der Lebensraum Einheimischer durch den Ansturm eingeschränkt wird, kann Radtourist Martin Pfaffeneder aus Amstetten nachvollziehen, daher „sind ein paar Euro für die Erhaltung von Dürnstein voll ok.“ Ähnlich sehen das die Schweizer Cornelia und Walter Elmer: „Man könnte diese Abgabe über die Parkgebühren finanzieren. Die sind im Gegensatz zur Schweiz sehr günstig.“

Berechtigt

Bernhard Schröder, Geschäftsführer von Donau Niederösterreich, will ab Herbst in mehreren Workshops mit den Wachauer Gemeinden Lösungsansätze finden. „Wir wollen sicher kein tourismusfeindliches Bild abgeben. Am Ende des breit geführten Dialogs wollen wir eine gesamtregionale Variante – etwa in Form einer Weltkulturerbe-Abgabe“, sagt Schröder. Aus seiner Sicht sei die Frage nach einer Abgabe berechtigt. „Die Gemeinden müssen Infrastruktur schaffen und pflegen. Daher muss es auch finanziellen Rückfluss geben“, sagt Schröder.

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