Familien abgewiesen: Kritik am neuen Jugendschutz

Familien abgewiesen: Kritik am neuen Jugendschutz
Aus Angst vor Strafen sperren Gastronomen Junge und Familien aus – Umsatzverzicht inklusive.

Vier Wochen nach dem Inkrafttreten des bundesweit einheitlichen Jugendschutzgesetzes beklagen mehrere Lokalbetreiber die mangelnde Praxistauglichkeit der rechtlichen Bestimmungen. Denn wenn 16- und 18-Jährige im selben Lokal unterschiedlich behandelt werden müssen, stößt der Aufwand der Kontrolle für Wirte an die Grenzen des Machbaren. Zuletzt wurde einer ganzen Familie mit einem zu jungen Kind der Eintritt in ein Nachtlokal verweigert. Abgesehen von der Angst vor unverdienten Strafen bremst die neue Regelung die Umsätze der Lokalbesitzer. Besorgt sind vor allem die Hüttenbetreiber in den Skiregionen. Sie fürchten, dass das Hauptgeschäft während der Semesterferien darunter leidet.

Familien abgewiesen: Kritik am neuen Jugendschutz

Thomas Neuhauser aus Krems.

Strenge Betreiber

Thomas Neuhauser versteht die Welt nicht mehr: „Offenbar legen manche Betreiber das Gesetz strenger aus, als sie müssten. Wir wollten nach dem Kino gegen 22 Uhr in Krems noch auf ein Bier gehen. Mein 13-jähriger Sohn hätte natürlich ein alkoholfreies Getränk konsumiert“, erzählt der PR-Berater und Vater von drei Kindern. Aber so weit kam es nicht. „Vor drei Lokalen wurden wir abgewiesen, weil kein Jugendlicher mehr unter 18 Jahren eingelassen wird. Auch nicht in Begleitung der Eltern“, erzählt er. Diese Vorgangsweise sei unverständlich. „Eltern üben ja ohnehin ihre Aufsichtspflicht in Lokalen aus. Auch erwachsene Touristen werden keine Freude damit haben, wenn sie nicht mehr mit ihren Kindern in ein Lokal dürfen.“

Die Problematik: Zigaretten und Spirituosen sind nur noch ab 18 Jahren erlaubt. Wein und Bier dürfen aber bereits 16-Jährige konsumieren. „Wir bräuchten viel mehr Security-Personal, um so etwas zu kontrollieren“, sagt Ines Branigan, stellvertretende Geschäftsführerin von drei Kremser Innenstadtlokalen. „Wir haben zwar alle unsere Kellner gebrieft, aber wie soll man verhindern, dass Ältere jüngere Gäste mit Alkohol versorgen?“, fragt Branigan. Auch die Begleitung der Eltern sei keine Garantie. „Wir müssten darauf achten, dass Eltern das Lokal nicht ohne Kinder verlassen. Das ist nicht machbar“, ergänzt Branigan. Einen geringen Umsatzschwund nimmt man dafür in Kauf.

Schmerzhaft

Für Discobetreiber Helmut Preiser im Waldviertel wirkt sich das neue Gesetz schmerzhafter aus: Er spricht von 20 Prozent Einbußen. Er lässt zwar auch 16-Jährige ins Lokal, aber nur 18-Jährige erhalten am Eingang einen Stempel aufs Handgelenk, der sie zum Kauf harter Getränke berechtigt. Er fürchtet, dass Wirte bei einer Kontrolle für deren Verfehlungen gestraft werden, die sie gar nicht verhindern konnten. Wegen eines solchen Vorfalls soll jetzt ein Kärntner Wirt 2000 Euro Strafe zahlen: Ein anderer Gast hatte einer 17-Jährigen Wodka überlassen.

„Wenn diese Strafe hält, ist das Gesetz irre. Dann gehört diese Novelle korrigiert. Immerhin hat der Wirt seine Sorgfaltspflicht erfüllt“, sagt Mario Pulker, Gastronomie-Obmann in der Wirtschaftskammer. In Großdiscos mit rund 1000 Besuchern seien noch genauere Kontrollen nicht machbar. Weniger Verständnis hat Pulker für Gastronomen, die sogar strenger als das Jugendschutzgesetz handeln. „Wenn sie Umsatzeinbußen beklagen, sind sie selber schuld“, sagt Pulker.

Warum eigentlich, Mario Pulker?

 

Neuregelung beim Jugendschutzgesetz

Obwohl jedes Bundesland ein eigenes Jugendschutzgesetz hat, gelten seit 1. Jänner 2019 für  Rauchen und Alkoholkonsum überall die gleichen Vorschriften:
Jugendliche dürfen ab dem 16. Geburtstag nicht gebrannten Alkohol wie Bier und Wein kaufen und trinken. Spirituosen wie Rum, Schnaps, Wodka, Liköre oder Whisky sind erst ab 18 Jahren erlaubt. Die Abgabe von Zigaretten und der Konsum sind unter 18 Jahren verboten. Verstoßen Gastronomen gegen das Jugendschutzgesetz, sind Strafen von bis zu 20.000 Euro und eine Meldung bei der Gewerbebehörde möglich.

Kommentare