Denk ist nur einer von vier gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Gerichtsmedizin und forensische Molekularbiologie für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Autopsien an Toten nehmen überhaupt nur zwei davon vor. In Niederösterreich landet jeder bedenkliche Todesfall auf dem Seziertisch von Denk. Nachwuchs gibt es in dem Fachgebiet so gut wie keinen, Bewerber für die Facharztausbildung an den medizinischen Fakultäten sucht man vergebens.
Tarife zu niedrig
Wieso das so ist, weiß man beim Hauptverband der Gerichtssachverständigen nur zu gut. Die Gerichtsmedizin ist ein begutachtendes Fach, andere Einnahmequellen gibt es nicht. Und die Bezahlung sei „bemerkenswert niedrig“, stellt Johann Guggenbichler vom Hauptverband fest. Obwohl man seit Jahren im Justizministerium interveniert, wurde das Gebührenanspruchsgesetz kaum angepasst. Der Wille im Ministerium sei vorhanden, es scheitere allerdings am grünen Licht des Finanzministeriums, heißt es beim Hauptverband.
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Besonders die Tarife für die medizinischen Fachrichtungen seien zu gering, um damit überhaupt jemanden von der Tätigkeit zu überzeugen. Für eine normale Autopsie mit dem entsprechenden Gutachten werden laut Tarifblatt 130,90 Euro bezahlt.
Eine „besonders zeitaufwendige körperliche, neurologische, psychiatrische Untersuchung“ samt Gutachten wird im Höchstfall mit 195,40 Euro abgegolten. Laut Guggenbichler mitunter ein Grund, weshalb Fachärzte aus der Psychiatrie eher in ihren angestammten Ordinationen bleiben.
Kein Urologe
Angeheizt wurde die Debatte durch eine weitere Verschärfung. Das neue Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz sieht nämlich vor, dass Gerichtspsychiater in Prozessen, in denen es um Anstaltsunterbringungen geht, für die gesamte Dauer des Prozesses anwesend sein müssen. Das können mitunter mehrere Tage sein, an denen sie ihrer sonstigen beruflichen Tätigkeit nicht nachkommen können.
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Wie die Vizepräsidentin des Landesgerichts Wiener Neustadt Birgit Borns erklärt, lähmt der Engpass an Sachverständigen besonders das Arbeits- und Sozialgericht – also Fälle, in denen es unter anderem um die Feststellung der Berufsunfähigkeit geht. „Es ist beispielsweise weit und breit kein Urologe zu finden“. Eingetragen ist in der Sachverständigenliste überhaupt nur ein einziger.
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