Basierend auf einer Machbarkeitsstudie soll die Richtungsfahrbahn Mattersburg auf die derzeit bestehende S4 verlegt werden, die Richtungsfahrbahn Wiener Neustadt wird parallel dazu neu errichtet. Ein knapp 14 Meter breiter Straßenneubau ist auf die gesamte Länge dafür nötig. Der Ausbau der Schnellstraße hätte bereits im Vorjahr starten sollen. Die Betonung liegt auf hätte. Denn neben einer Reihe von Einsprüchen der örtlich zuständigen Grünen, des Bad Sauerbrunner Bürgermeisters Gerhard Hutter, der für die SPÖ im Landtag sitzt, Anrainern und der Bürgerinitiative „Stopp Ausbau S4“ ist 2021 schließlich auch das Klimaschutzministerium auf die Bremse getreten.
Doch keine UVP-Pflicht
Im Zuge einer Evaluierung aller großen Straßenbauvorhaben wurde auch der Ausbau der S4 nochmals unter die Lupe genommen. Das Klimaschutzministerium hatte überraschend eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) angeordnet. Basis dafür war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausbau der A22 in Korneuburg, wo aufgrund des hohen Flächenverbrauchs ebenfalls eine UVP vorgeschrieben wurde. "Aufgrund von 15 Bescheidbeschwerden – zuerst beim Bundesverwaltungsgericht, danach beim Verwaltungsgerichtshof – ergab sich leider eine weitere Verzögerung, schlussendlich entschied der Verwaltungsgerichtshof final im Oktober 2022 und verneinte die UVP-Pflicht“, erklärt Asfinag-Sprecher Walter Mocnik.
Derzeit werden die behördlichen Verfahren für Wasser-, Forst und Naturschutzrecht abgehandelt. Frühester Baubeginn ist damit im Herbst 2025. Die Verzögerungen sind aus Sicht des burgenländischen Infrastrukturlandesrates Heinrich Dorner (SPÖ) „fahrlässig“. Zwischen 2000 und 2018 seien auf dem Abschnitt 67 Unfälle mit 11 Toten, 16 Schwerverletzten und 124 Verletzten passiert. Außerdem gab es in dem Zeitraum 310 Unfälle mit Sachschaden.
Lärmschutz
Mehr Tempo bei der Umsetzung fordern in Niederösterreich auch ÖVP und FPÖ. „Der Sicherheitsausbau wurde verzögert und verschleppt. Der tragische Unfall von Montag zeigt nur einmal mehr, wie dringend notwendig das Projekt ist. Ich setzte mich stark dafür ein, dass alle Beteiligten endlich in die Gänge kommen und mit dem Ausbau beginnen“, sagt der freiheitliche Verkehrslandesrat Udo Landbauer. Der furchtbare Unfall von Montag habe auch die Richtigkeit der Aufforderung an Ministerin Leonore Gewessler gezeigt, den Sicherheitsausbau der S4 nicht weiter zu verhindern, erklären ÖVP-Landtagsabgeordneter Franz Dinhobl und Bundesrat Matthias Zauner, beide aus Wiener Neustadt.
„Getrennte Richtungsfahrbahnen durch eine Betonleitwand können Menschenleben retten. Wir fordern deshalb den sofortigen Sicherheitsausbau der S4 gemeinsam mit der Errichtung der geplanten Lärmschutzwände, um den Schutz für unsere Bürger zu erhöhen“, sagen die beiden Politiker. Für das Ministerium ist die aktuelle Debatte nichts anderes, "als das jemand versucht nach einem tragischen Verkehrsunfall politisches Kleingeld schlagen zu können". "Es lässt jeden Respekt für die Opfer und ihre Familien vermissen“, heißt es aus dem Klimaschutzministerium.
Von einem Ausbau nichts wissen wollen die Grünen im Bezirk Wiener Neustadt. Im Gegenteil: Den neue Bezirkssprecher der Partei, Herbert Hübl plädiert sogar dafür, statt zwei Fahrspuren nur noch eine in jede Richtung zu führen. Dies sei ursprünglich nach dem Bau der Straße auch der Fall gewesen, erklärt er. „Die Sicherheit wäre wieder gewährleistet, wenn man hier eine Temporeduktion von 80 km/ einführt.“ Und natürlich gehöre die Geschwindigkeit kontrolliert, „weil gefahren wird was das Zeug hält, auch von den Lastwagen“, sagt Hübl.
Leitschiene touchiert
Die Tragödie von Montag hätte die Strategie der Grünen allerdings nicht verhindert. Wie die Polizei ermitteln konnte, war nicht Raserei die Ursache für das Unglück. Der 65-jährige Lkw-Chauffeur hatte durch Ablenkung oder ein medizinisches Problem rechts die Leitschiene touchiert. In der Folge ist der Sattelzug nach links ausgebrochen, hat die doppelte Sperrlinie überfahren und ist ungebremst und frontal in das Auto der 49-Jährigen und ihrer Tochter gerast. Die beiden Frauen hatten keine Überlebenschance. Der Lkw-Fahrer wurde schwer verletzt.
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