Ob da ein einziger Abend ausreicht? „Nicht einmal annähernd zu fassen und zu beschreiben“ sei sein vielfältiges Lebenswerk, so vielschichtig sei er als Mensch und beruflich, meinte etwa Brigitte Wolf bei der Verleihung des Hans-Ströbitzer-Preises vor wenigen Tagen. Die frühere Wiener ORF-Landesdirektorin hielt die Laudatio auf Nußbaumer, der den Ehrenpreis für sein journalistisches Lebenswerk erhielt. „Meine dritte Lebenswerkauszeichnung“, meint Nußbaumer schmunzelnd.
Dachbodenfund
Den Journalismus entdeckte der gebürtige Salzburger schon früh – auf dem Dachboden. „Mein Vater ist einen Monat vor meiner Geburt gestorben, meine Mutter konnte nicht über ihren toten Mann reden. Mit acht Jahren habe ich am Dachboden in einer Kiste dann Zeitungsartikel gefunden – mit meinem Namen. Denn mein Vater war Kriegsberichterstatter und hatte denselben Vornamen.“
Das Erlebnis dürfte bei der späteren Berufswahl eine Rolle gespielt haben. In der Schulzeit gründete Nußbaumer jedenfalls eine Studentenzeitung („herrlich erfolglos“) und sein Hang zur Lyrik brachte ihm den ersten Job ein. Denn die Tochter des damaligen Landeshauptmanns und späteren Bundeskanzlers Josef Klaus schrieb auch gerne Gedichte und weil man sich kannte, wurde der junge Heinz Nußbaumer Pressereferent in Salzburg.
Doch dann schien der Journalismus der vorgezeichnete Weg. Nußbaumer, auf der Suche nach einem Job zur Finanzierung des Studiums, heuerte bei der Salzburger Volkszeitung an, „wo ich über alles schreiben durfte. Ich war sogar jüngster Festspielkritiker.“ Obwohl er rückblickend von der Qualität seiner damaligen Artikel nicht sehr überzeugt ist, gefielen sie einem Freund, der in Wien beim KURIER arbeitete und diese immer wieder Chefredakteur Hugo Portisch vorlegte. Dem wurde es schließlich zu bunt: „Dann soll er halt kommen und sich mal anschauen lassen.“
So kam Nußbaumer 1966 zum KURIER, wo er schnell Fuß fasste, 1967 schon vom Sechstagekrieg berichtete und ab 1971 das Außenpolitik-Ressort leitete. Als Beobachter war er auf der ganzen Welt unterwegs, traf Könige, Präsidenten und Revolutionsführer von Arafat über den Schah von Persien und den König von Saudiarabien bis zu Gaddafi, Indira Ghandi, Ronald Reagan oder Michail Gorbatschow. In besonderer Erinnerung ist ihm ein dreistündiges Gespräch mit dem chinesischen Premierminister in Peking. Zhou Enlai witzelte („Wir sind ja fast Nachbarn, zwischen uns liegt nur die Sowjetunion“) und scherzte auch über Nußbaumers Fragen, Tibet besuchen zu dürfen. Doch fünf Jahre später bekommt er tatsächlich eine Einladung.
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Lebensmenschen
Im Zuge der Tibet-Reise lernt Nußbaumer auch den Dalai Lama kennen. Und Heinrich Harrer, mit dem ihn bald eine Freundschaft verbindet. „Ich hatte das unendliche Glück, vier Vorbildfiguren als Freunde zu haben“, sagt Nußbaumer. Neben Harrer waren das Hugo Portisch, Kardinal Franz König und SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner. „Wenn man so ein Glück hat, von solchen Menschen umgeben zu sein, kann ja fast nichts schiefgehen“, meint Nußbaumer lächelnd.
Allerdings lief nicht alles nach Plan. Seit seinem 16. Lebensjahr leidet er an verschiedenen Formen des Krebses. Was sich mit dem Job und den anstrengenden Reisen nicht mehr verbinden ließ. Da kam das Angebot von Kurt Waldheim, den Nußbaumer aus dessen Zeit als UNO-Generalsekretär kannte, gerade recht: „Heinz, willst du nicht zu mir kommen?“ Und so wechselte Nußbaumer in die Hofburg. Als Pressereferent des Bundespräsidenten. Weniger anstrengend wurde das allerdings nicht. Auch nicht unter Thomas Klestil, der Nußbaumer behielt.
Warum er sich diese stressigen Berufe angetan hat? „Ich hatte immer das Gefühl, das ist das, was mich gesund hält. Manchmal war es viel oder zu viel, aber nichts zu machen, das geht nicht. Ich hatte immer den richtigen Beruf, aber leider den falschen Körper.“
Und so blieb er auch nach zehn Jahren Hofburg nicht untätig, Moderierte im ORF, wurde Vorsitzender vom SOS-Kinderdorf und schrieb Bücher. Wie den Bestseller „Der Mönch in mir“ über seine Erfahrungen als Pilger am Berg Athos, den er als Ruheplatz entdeckte. „Dort gab es keinen Handyempfang, nicht einmal der Bundespräsident konnte mich erreichen.“
Jetzt aber, mit 80, soll der echte Ruhestand folgen. „Ich bin nicht besorgt. es gibt viele Bücher, die ich noch nicht gelesen habe. Mir wird schon nicht fad.“
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