Wohnbau-Krimi: Gericht musste Prozess nach "Zwischenfall" abblasen

81 Seiten. So dick ist die Anklage im 22 Millionen Euro schweren Kriminalfall rund um die ehemals gemeinnützige Wohnbaugemeinschaft „die Eigentum“. Eigentlich hätte der Prozess gegen den früheren die-Eigentum-Chef, einen ehemaligen Anwalt, einen Architekten, einen Notar sowie einen Banker wegen betrügerischer Krida und falscher Zeugenaussage bereits im Herbst am Wiener Neustädter Landesgericht über die Bühne gehen sollen.
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Eine Familientragödie hat den Plan der Justiz allerdings durchkreuzt. Wie Gerichtssprecherin Birgit Borns gegenüber dem KURIER bestätigt, musste die Verhandlung gegen die Angeklagten kurzfristig abberaumt werden. Offiziell deshalb, weil der Hauptangeklagte von einem Sachverständigen für verhandlungsunfähig erklärt wurde. Ein Schicksalsschlag in der Familie soll sich massiv auf die psychische Gesundheit des früheren Wohnbau-Managers geschlagen haben, war zu erfahren.
Neuer Anlauf im Jänner
Im neuen Jahr will das Gericht in Wiener Neustadt einen neuen Anlauf unternehmen, um den Fall zu verhandeln. Wie Birgit Borns erklärt, wird im Jänner ein neues Gutachten darüber entscheiden, ob der 58-Jährige mittlerweile verhandlungsfähig ist oder nicht. Falls ja, wird der Prozess danach neu ausgeschrieben.

22 Millionen Euro Schaden
Der frühere Wohnbau-Manager sitzt seit mittlerweile einem Jahr in Wiener Neustadt in Untersuchungshaft. Der brisante Millionenkrimi war hochgekommen, nachdem „die Eigentum Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H“ mit Sitz in Vösendorf im März 2021 in die Pleite geschlittert war.
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Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft soll der Manager „die Befriedigung der Gläubiger vereitelt und geschmälert haben“, indem er Vermögenswerte aus dem Wohnbau, einer weiteren Firma sowie aus dem Privatvermögen veräußert oder beiseite geschafft haben soll.
Den angerichteten Gesamtschaden, den man ihm zur Last legt, beziffert die Anklagebehörde mit immerhin 22,395 Millionen Euro.
Faule Kredite ?
Als der Masseverwalter die Pleite der Wohnbaufirma abzuwickeln hatte, schlug dieser rasch Alarm. Der Firmenchef soll an sich selbst, an Familienangehörige und auch Geschäftspartner faule Kredite vergeben haben – „obwohl er gewusst haben soll, dass die Betroffenen nicht fähig seien, die Darlehen zurückzuzahlen“, sagt die Staatsanwaltschaft.
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Der Darlehensschaden alleine wird mit 13,68 Millionen Euro beziffert – darunter auch Kredite in der Höhe über 400.000 Euro, die der 58-Jährige laut Anklage an sich selbst vergeben haben soll. Auch schleierhafte Immo-Geschäfte sind Gegenstand des Verfahrens. In Wien-Meidling und Neustift am Walde sollen Häuser um knapp eine, beziehungsweise 3,5 Millionen Euro unter dem Marktwert verkauft worden sein.
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2016 wurde Gemeinnützigkeit aberkannt
Ein mitangeklagter Architekt soll 900.000 Euro Honorar „ohne werthaltige Gegenleistung“ bekommen haben. Das Land Niederösterreich hatte der Eigentum-Wohnbaugesellschaft wegen diverser Unregelmäßigkeiten bereits im Jahr 2016 die Gemeinnützigkeit aberkannt. Aufgrund zweier Verkehrswertgutachten über ihr Liegenschaftsvermögen sollte „die Eigentum“ eine Abschlagzahlung in der Höhe von 53,24 Millionen Euro an das Land leisten, sie soll aber nur insgesamt 6,6 Millionen Euro gezahlt haben.
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