28 Jahre nach der ersten Planung eines Hochwasserschutzes für Aggsbach-Markt und zwei Jahre nach dem Spatenstich konnten die Schutzbauten nun eröffnet werden. 21 Millionen Euro wurden in die Sicherheit der 650 Einwohner investiert. Der Bau sei „eine Herausforderung in jeder Hinsicht“, sagte Kremser. Als 2019 dann auch noch die Bauausschreibung nichtig war und das Millionenprojekt erneut ausgeschrieben werden musste, war das Nervenkostüm des Ortschefs bereits hauchdünn. Doch Bund und Land Niederösterreich hätten ihr Wort gehalten und 50 bzw. 30 Prozent der Kosten zu dem aufwenigen Bau beigesteuert, bedankte sich der Bürgermeister bei den Ehrengästen.
Einem von ihnen, LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP), schenkte Kremser jenen symbolträchtigen Spaten, den er 2021 bei Spatenstich unterzeichnet hatte. Pernkopf rückte die Leistungen aller Beteiligten – vor allem jene der Feuerwehrleute in der Gemeinde – in den Mittelpunkt. Sie haben mit einer Einsatzübung den mobilen Teil des insgesamt 1,5 Kilometer langen Hochwasserschutzes aktiviert. „Hochwasserschutz bedeutet Lebensqualität“, betonte Pernkopf. Dass Leute nicht mehr ruhig schlafen können, weil sie sich vor einer Überschwemmung fürchten, gehöre nun der Vergangenheit an.
Komplexe Technik
Nachdem im Herbst des Vorjahres das Projekt Aggsbach-Dorf/Schönbühel am gegenüberliegenden Donauufer mit einem Aufwand von 48 Millionen Euro abgeschlossen wurde, war das jetzige Aggsbach-Projekt am Nordufer das derzeit größte Vorhaben. Zwei bis drei größere Projekte gelte es noch zu verwirklichen, dann sei der Hochwasserschutz an der niederösterreichischen Donau abgeschlossen, so Pernkopf. Seit 2002, als gemeinsam mit dem Bund die Flutschutzoffensive gestartet wurde, seien in über 300 Gemeinden in Niederösterreich 1,5 Milliarden Euro investiert worden.
Obwohl es sich in Aggsbach-Markt nur um ein mittelgroßes Projekt handelt, war auch hier eine komplexe Bautechnik gefragt. Neben den fix errichteten Wänden wurde entlang der B3 ein 700 Meter langer Betonsockel errichtet, der die mobilen Schutzwände trägt. Unterirdisch musste eine zehn Meter tiefe, 10.000 Quadratmeter große Untergrunddichtwand eingepresst werden. Sie verhindert, dass das Wasser durch den Boden in den Ort gedrückt wird.
Jahrhunderflut in Mitteleuropa
Nach tagelangen Regenfällen nahm die Flutwelle ihren Lauf: Sieben Staaten in Mitteleuropa hatten im Mai und Juni vor zehn Jahren mit dramatischen Überschwemmungen zu kämpfen.
In den westlichen Bundesländern Österreichs kam es in der Nacht auf Sonntag, den 2. Juni, zum Höhepunkt der Überflutungen. Danach verlagerten sich die Wassermassen bis Mitte der Woche in den Donauraum, betroffen waren Ober- und Niederösterreich sowie Wien. Besonders verheerend war die Lage in Melk; hier wurden tiefer liegende Teile der Altstadt überflutet, das Wasser reichte am Schluss bis zum Hauptplatz. Die laufenden Bauarbeiten am Hochwasserschutz mussten eingestellt werden.
Für benachbarte Orte im Bezirk, wie Granz oder Marbach, rief die Landeswarnzentrale damals den Zivilschutzalarm aus. Entlang der gesamten Donau wurde Hochwasseralarm gegeben. Dutzende Orte, die noch keinen Hochwasserschutz hatten, wurden von den Wassermassen geflutet.
Dramatisch ging es auch im damaligen Bezirk Wien-Umgebung zu. Dort evakuierten die Polizei und die Feuerwehren am Abend des 2. Juni die Siedlungen im Augebiet der Donau in Klosterneuburg und in Kritzendorf. Zahlreiche Wohnhäuser mussten geräumt, Fahrzeuge abtransportiert werden. Am 4. Juni musste das Essl-Museum in Klosterneuburg aus Sicherheitsgründen schließen.
Der Wasserhöchststand beim Pegel Kienestock in der Wachau lag damals bei 10,89 Metern. Zum Vergleich: Bei der gestrigen Eröffnung des Hochwasserschutzes in Aggsbach-Markt wurden lediglich 4,07 Meter gemessen.
Kommentare