Dirndl und Krachlederne: Die erfundene Tradition

Dirndl und Krachlederne: Die erfundene Tradition
Voll im Trend: Die Pracht der Tracht beim Dirndlgwandsonntag am 10. September.

Tausende werden am Wochenende auf der Genussmeile in der Thermenregion durch die Weingärten flanieren, nicht wenige davon sich stolz in Dirndl und Lederhose zeigen. Tracht liegt halt voll im Trend und der Dirndlgwandsonntag am 10. September ist ein guter Anlass, sich traditionell fesch zu kleiden. Da wird nicht nur die Genussmeile zum Laufsteg – landauf, landab drehen sich ganz viele Events um die Tracht.

2009 wurde der Dirndlgwandsonntag in Niederösterreich ins Leben gerufen, nach Salzburger Vorbild (seit 2003). Und zwar immer rund um den 13. September, den Festtag der Heilige Notburga. Sie ist Patronin des Feierabends, der Landwirtschaft, der Dienstmägde – und der Trachtenträger.

Patronin war Tirolerin

Obwohl Notburga (gestorben 1313) eine Tirolerin war, hat sie auch in Niederösterreich viele Anhänger. Immer mehr, wie man bei der Volkskultur NÖ betont. Egal ob Dirndlnähkurs, Diskussionsabend zum richtigen „Aufdirndln“ oder Trachtenberatung – das Interesse ist groß. So groß, dass mittlerweile 70 verschiedene Trachten in NÖ gezählt werden.

Viele Gemeinden oder Regionen haben die Lust am eigenen Gwandl entdeckt. Wobei: „Wir schreiben niemand vor, wie ein Dirndl auszuschauen hat“, betont man bei der Volkskultur. Thekla Weissengruber, Trachtenexpertin des Landesmuseums OÖ, bringt es auf den Punkt: „Erlaubt ist, was gefällt, und den Möglichkeiten der Kombination sind keine Grenzen gesetzt.“

Tradition ohne Tradition

Aber was ist mit der alten Tradition? Nun, so alt ist die gar nicht. In NÖ etwa gibt es eigentlich mit den Mostviertler Goldhauben und der Wachauer Tracht nur zwei wirklich „Alte“. Generell ist die Tracht weniger gewachsen, als vielmehr erfunden. Und zwar, als es im 19. Jahrhundert immer mehr Städter aufs Land hinauszog.

Es entstand ein romantisches Bild der „ursprünglichen“ Landbevölkerung, und deren Alltagskleidung (Tracht kommt ja von Tragen) wurde von den Sommerfrischlern für sich entdeckt. Sogar Kaiser Franz Josef war ein Trachtenfan. Während der NS-Zeit erlebte das Dirndl eine Instrumentalisierung als „deutsche Tracht“. Nur langsam erholte es sich nach dem Zweiten Weltkrieg von diesem Ruf.

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Auch auf dem Münchner Oktoberfest waren lange Anzug und Kleid üblich. Erst in den 1990ern begann der Erfolgszug, der sich nicht mehr aufhalten ließ und viele Bereiche erfasste. Dirndl, egal ob vom Designer oder Discounter, gehören auch für Junge heute einfach dazu.

 

„Würde jede Frau ein Dirndl tragen, gäbe es keine Hässlichkeit mehr auf der Welt“, meinte die im Vorjahr verstorbene Design-Queen Vivienne Westwood. Na dann: „Dirndlt euch auf!“

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