Viele Widerstände auf dem Weg zur Energiewende
Die „Energiewende“ ist in aller Munde. Dass fossile Brennstoffe lieber heute als morgen durch Windkraft, Fotovoltaik oder Biomasse ersetzt werden sollen, darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Weit schwieriger gestalte sich für Energieversorger wie die niederösterreichische EVN allerdings die Standortsuche für entsprechende Anlagen, versichert Unternehmenssprecher Stefan Zach anlässlich eines aktuellen Beispiels: Gegen ein geplantes Biomassekraftwerk in Biedermannsdorf (Bezirk Mödling) regt sich Widerstand. Eine Bürgerinitiative hat sich gebildet, auch im Gemeinderat gibt es Kritik am Standort, man fürchtet um das Naherholungsgebiet. Im benachbarten Vösendorf will man deshalb sogar das „Energieleitbild 2030“ korrigieren, weil dieses durch Fokussierung auf Biomasse die Ansiedelung des Biomassekraftwerkes begünstigt habe.
Volksbefragung
Am kommenden Sonntag findet in Biedermannsdorf eine Volksbefragung zu dem Thema statt. Rechtsverbindlichen Charakter hat diese nicht. Man habe auch keinen alternativen Standort für die Anlage in der Region gefunden, betont Zach. Jener in Biedermannsdorf bedeute kurze Transportwege, somit geringen Wärmeverlust, Produktion vor Ort und Anschluss an das gut ausgebaute Netz der Wiener Netze in der Region. Der Gemeinde habe man angeboten, genaue Zufahrtsrouten für den Lkw-Verkehr festlegen zu können, auf dem vier Hektar großen Areal werde ein kleines Waldstück als Rückzugsort für Tiere angelegt (siehe Bild).
Also hofft die EVN auf einen positiven Ausgang der Befragung – obwohl man aus Erfahrung wisse, dass auch dies keine Garantie für die Realisierung eines Projektes sei, wie Zach erzählt: In Schildberg bei St. Pölten endete eine solche Volksbefragung zu einer Windkraftanlage mit mehr als 60 Prozent Zustimmung. Auch seitens der Gemeinde sei das Projekt unterstützt worden. „2016 wurde es in allen Instanzen genehmigt, aber dann gab es eine Verzögerung, weil wir keine Förderung bekommen haben.“ Mittlerweile waren die geplanten Windräder überholt, neuere Modelle, die fast 30 Prozent mehr Energie produzieren, sollen nun zum Einsatz kommen. „Dagegen spricht sich aber wieder eine Bürgerinitiative aus. Wir warten derzeit auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes“, sagt der EVN-Sprecher – und wundert sich: „Da ist man also jetzt gegen die Verbesserung eines bereits genehmigten Projektes, für das es fast eine Zwei-Drittel-Mehrheit bei einer Volksbefragung gegeben hat.“
Einzelinteressen
Die Erneuerung eines über 50 Jahre alten Umspannwerkes in Stockerau möchte die EVN aktuell auch für eine Erweiterung der Leistung um rund ein Drittel nützen. Bis zu 30.000 zusätzliche Fotovoltaik-Anlagen könnten dadurch ihren Strom ins Netz einspeisen, so Zach. Dass man dafür 1.700 Quadratmeter zusätzlichen Grund benötigt, sorge aber für Aufregung. Auch eine Verlegung des Werkes wird gefordert. „Dazu müssten wir aber halb Stockerau aufreißen, um die Leitungen zu verlegen“, gibt Zach zu bedenken.
„Es ist ja grundsätzlich ein Super-Projekt, aber könnt ihr es nicht woanders aufstellen?“ Fragen wie diese seien oft zu hören, sagt er. „Der Konflikt zwischen einem gesellschaftlichen Allgemeininteresse wie dem Klimaschutz und vielen persönlichen Einzelinteressen macht die Energiewende in Österreich zum Husarenritt.“
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