Die Langzeitarbeitslosen von Marienthal: AMS startet Modellprojekt
Mit Anfang Oktober nahm das Projekt MAGMA (Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal) des AMS NÖ in der Gemeinde Gramatneusiedl (Bezirk Bruck/Leitha) Fahrt auf. Das erklärte Projektziel: Alle langzeitarbeitslosen Personen dieses Ortes wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen dauerhaft zu einem Job verhelfen.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen - das sind jene, die seit über einem Jahr auf Jobsuche sind - hat zuletzt durch die Folgen der Corona-Krise stark zugenommen. In Niederösterreich ist sie zwischen April und August um 12,9 Prozent auf 12.135 Personen gestiegen. Das betrifft jeden fünften Arbeitslosen im Land.
Geschichtsschreibung im Marienthal
„Wir müssen und werden vor dem Hintergrund der jüngsten, nie zuvor da gewesenen Arbeitsmarktentwicklung alles tun, um den Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit einzudämmen. Das ist auch ein klarer Auftrag der Regierung“, so AMS NÖ-Chef Sven Hergovich. Deshalb testet das AMS nun mit MAGMA ein neues Modell der Arbeitsplatzgarantie. Drei Studien, die Forscherinnen und Forscher der University of Oxford und der Universität Wien unabhängig voneinander durchführen, prüfen die Wirkung dieses Modells auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Volkswirtschaft. Laut AMS NÖ ist es das weltweit erste "evidenzbasierte Modell einer Arbeitsplatzgarantie".
Mit der Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ setzten Hans Zeisel, Marie Jahoda und Paul Lazarsfeld einen Meilenstein in der empirischen Sozialforschung. Das Forscher-Team untersuchte 1933 die Folgen der Arbeitslosigkeit für 1.300 Arbeiter und Angestellte, die die Ortschaft Marienthal (heute ein Ortsteil von Gramatneusiedl) mit der Schließung der örtlichen Textilfabrik mit voller Wucht getroffen hat.
„Hundert Jahre nach der Marienthal-Studie werden wir Antwort auf die Frage suchen, wie Beschäftigung auf die Menschen und die Gemeinschaft wirkt und ob Langzeitarbeitslosigkeit evidenzbasiert bekämpft werden kann“, erläutert Hergovich.
Grundzüge des Projekts
MAGMA ist auf drei Jahre ausgelegt. 2024 sollen die Studienergebnisse präsentiert werden. Die Gemeinde Gramatneusiedl wurde dafür ausgewählt weil die Arbeitslosen, den Durchschnitt in NÖ abbilden.
Es nehmen alle Personen teil, die seit mehr als einem Jahr beim AMS Schwechat arbeitslos vorgemerkt sind. Außerdem auch jene, die in den nächsten drei Jahren die Vormerkdauer von zwölf Monaten erreichen. Es wird mit rund 150 Teilnehmern gerechnet. Ausnahmslos jeder Langzeitarbeitslose in der Gemeinde bekomme ein Wiedereinstiegsangebot, versichert Hergovich. Zusätzliche Arbeitsplätze werden im gemeinnützigen Bereich und in marktwirtschaftlichen Unternehmen geschaffen und finanziert.
Zunächst erarbeiten die Teilnehmer einen persönlichen Perspektivenplan in einem Einstiegskurs. Unternehmen, die bereit sind, neue Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose zu schaffen, werden mit bis zu 100-prozentiger Lohnkostenförderung unterstützt. Die Projektteilnehmer werden auch während eines regulären Dienstverhältnisses vom AMS begleitet, wenn es notwendig ist. Für alle, die keinen Betrieb finden, werden Dienstverhältnisse im gemeinnützigen Bereich geschaffen
Die Forscher der Universität Oxford und der Universität Wien führen begleitend mehrere unabhängige Studien über die ökonomischen, sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen auf Langzeitarbeitslose sowie mögliche Übertragungseffekte auf den Arbeitsmarkt durch.
7,4 Millionen Euro Kosten
Laut Daten des AMS NÖ rechnet sich das Projekt: Die Kosten für ein Jahr Arbeitslosigkeit in Österreich betragen pro Person rund 30.000 Euro (Daten aus 2018). Pro MAGMA-Teilnehmer wird mit Kosten in der Höhe von 29.841,39 Euro jährlich gerechnet.
Die Gesamtkosten für das Projekt MAGMA inklusive der Begleitforschung betragen für den gesamten Projektzeitraum 7,4 Millionen Euro und werden zur Gänze vom AMS NÖ getragen.
Kommentare