Natürlich gab es sie, jene Situationen, in denen Bernadette Schöny dachte: „Wäre ich ein Mann und 20 Jahre älter, hätte die Reaktion jetzt anders ausgesehen.“ Und doch sagt Österreichs jüngste Bürgermeisterin nach ihrem ersten Jahr im Amt: „Ich bereue nichts. Ich nehme es den Leuten nicht übel, dass sie skeptisch sind, aber ungerecht behandelt werden möchte ich nicht.“
Schlaflose Nächte waren einige dabei, gibt sie offen zu. Schließlich hätte der Start durchaus einfacher sein können. „Es war ein gutes, aber auch ein sehr herausforderndes Jahr“, blickt Schöny zurück. „Ich bin einen Tag vor Corona angelobt worden. Das Erste, das ich gemacht habe, war, einen Krisenstab einzuberufen. Völlig absurd. Und so ist es dann auch weitergegangen.“
Veranstaltungen gab es in Schönys erstem Dienstjahr nur wenige
Raum für große Projekte in der kleinen Gemeinde Kaltenleutgeben im Wienerwald gab es wenig. „Aber ich will den Leuten das Gefühl geben, dass da jemand da ist, der sich kümmert“, betont sie. Und weil die mittlerweile 28-Jährige das Bürgermeisteramt als Vollzeit-Job ausübt, sei dafür auch Zeit: „Ich kann auf der Straße auch einmal eine halbe Stunde stehen bleiben und mit Leuten reden. Das passiert immer und überall, ob beim Eisessen, Spazieren gehen oder bei Veranstaltungen“, erzählt sie.
KURIER Talk mit Bernadette Schöny
Schwierige Jobsuche
Einen Zweitjob könne sie sich grundsätzlich vorstellen, meint Schöny, die im Vorjahr ihr Bachelorstudium Export-oriented Management an der IMC Fachhochschule Krems abschloss. Aber nur im Ausmaß von maximal 20 Wochenstunden. „Und es ist schwierig, da etwas Passendes zu finden.“ Zur Zeit absolviert sie eine Ausbildung zur Mediatorin, um sich eventuell in diesem Bereich selbstständig zu machen. Klar ist nur: „Ich will Bürgermeisterin bleiben.“
"Eher cool"
Dabei sähe sie ihre Mutter lieber in einem anderen Beruf, weiß die 28-Jährige. „Nicht weil sie glaubt, dass ich den Job schlecht mache, aber wahrscheinlich, weil Eltern immer einen gewissen Schutz für ihre Kinder wollen.“ Ihre Freunde finden es „eher cool“, die Bürgermeisterin unkompliziert und direkt am Handy erreichen zu können. Für einen persönlichen Vorteil auszunutzen versucht habe den direkten Draht aber nie jemand, betont sie.
Erste Projekte
Politisch aktiv war Bernadette Schöny schon früh. Sie wuchs als zweites von vier Kindern in Kaltenleutgeben auf, besuchte das Gymnasium in Perchtoldsdorf und die Handelsakademie in Favoriten. 2008 wurde sie Mitglied der Jungen Volkspartei (JVP), 2015 geschäftsführende Gemeinderätin in Kaltenleutgeben und 2016 JVP-Landesgeschäftsführerin. 2020 ging sie als Spitzenkandidatin der ÖVP in die Gemeinderatswahl, als zweitstärkste Fraktion bildete man schließlich eine Koalition mit den Grünen.
Schöny durfte Kardinal Schönborn in Kaltenleutgeben begrüßen
Einige Vorhaben habe sie trotz Corona umsetzen können: „Wir haben einen Wochenmarkt eröffnet, übertragen Gemeinderatssitzungen online, haben einen Prozess zur familienfreundlichen Gemeinde gestartet und beginnen heuer, ein Vereinshaus für die Fußballer und die Pfadfinder zu bauen.“ Auch in Zeiten untergriffiger Konfrontationen in der Bundespolitik und trotz schlechtem Image des Politikerberufes lautet Schönys klare Empfehlung: „Ja, ich würde jedem politisch interessierten Jugendlichen sofort empfehlen, es zu versuchen.“
Demnächst Hochzeit
Lernen müsse sie noch die klarere Abgrenzung zum Privatleben, räumt die 28-Jährige lachend ein: „Vergangenes Jahr im Urlaub habe ich praktisch durchgearbeitet.“ Heuer soll das anders sein. Jedenfalls im Juli, denn da will sie mit ihrem Lebensgefährten vor den Traualtar treten. „Und für den Urlaub habe ich mir vorgenommen, wirklich gar nichts zu arbeiten.“
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