Das Haus des Anstoßes

Das Haus des Anstoßes
Seit zehn Jahren kämpfen Anrainer erfolglos gegen einen Wohnbau. Jetzt sind Mieter eingezogen. Die Gegner wollen nicht aufgeben.

Eigentlich dürfte es gar nicht stehen, das große Wohngebäude in der Langenzersdorfer Tuttenhofstraße (Bezirk Korneuburg), das von den Anrainern auch schon als „Monsterbau“ tituliert wurde. Eigentlich. Denn zwei rechtsgültige Abbruchbescheide der Gemeinde gab es bereits. Weitergebaut wurde – von verschiedenen Eigentümern – aber trotzdem.

Mittlerweile ist aus der jahrelangen Baustelle, die einst als Privathaus geplant war, ein Wohnhaus mit 30 Zimmereinheiten geworden, in dem die neuen Bewohner seit Ende des Vorjahres ein- und ausgehen. Rein rechtlich gilt es jedoch nach wie vor als „Wohnhaus mit zwei Wohneinheiten“. Wie das sein kann? Das fragen sich auch die Anrainer der Siedlung.

„Geschminkte Leiche“

Seit zehn Jahren, seitdem der erste Grundstein für das Gebäude gelegt wurde, kämpfen sie gemeinsam mit Grünen-Gemeinderätin Renate Kolfelner gegen das „himmelschreiende Unrecht“, das vor ihren Haustüren passiert. 40.000 Euro sind bereits in Anwaltskosten geflossen, wie der KURIER berichtete.

„Wo sind die Behörden? Warum überprüft das keiner?“, verstehen sie die Welt nicht mehr. Dabei sei das Gebäude ein „Totalschaden“, worauf man schon seit Jahren hinweise. Die Anrainer beauftragten einen Sachverständigen, der feststellte, dass beim Bau schwere Fehler gemacht wurden. Die Bodenplatte sei zu klein für das Gebäude, von einem korrekten Frostschutz ganz zu schweigen. Und durch die Wände würden sich Risse ziehen – so breit, dass einst ein Kamerateam durchfilmen konnte. Zu sehen ist von all dem aber nichts mehr. „Die Risse wurden einfach zugespachtelt und eine Fassade über das Haus gezogen.“ Eine „geschminkte Leiche“, wie die Anrainer sagen.

In Annoncen, die immer wieder im Internet herumgeistern, werden unter der Adresse jedoch Mietzimmer und Wohngemeinschaftszimmer beworben. Auch zum Verkauf wurde der Bau bereits angeboten, laut einem bereits gelöschten Inserat, das dem KURIER jedoch vorliegt, mit möglicher Beherbergung.

Dem hielt auch das Landesverwaltungsgericht nichts entgegen; das Gebäude wurde von dem Gericht vor Kurzem als Wohnhaus bewertet. Die Begründung: In dem Gebäude gibt es laut den Bauplänen nur zwei Küchen. „Dabei ist es augenscheinlich, dass das Gebäude als Mietobjekt genützt wird, nicht nur aufgrund der vielen Bewohner. Wozu bräuchte es sonst 30 Briefkästen?“, argumentieren die Anrainer.

„Wir waren in jeder Phase des langjährigen Verfahrens bemüht, einen rechtskonformen Zustand zu schaffen. Fakt ist: Das Bauwerk wurde entsprechend der Bewilligung fertiggestellt. Im baurechtlichen Sinne sehe ich also keine Möglichkeit mehr, dagegen vorzugehen“, stellt ÖVP-Bürgermeister Andreas Arbesser fest. Und auch die einst ausgestellten Abbruchbescheide seien hinfällig, wurden die Baumängel doch vom ersten Besitzer, einem Gemeinderat, behoben und neu eingereicht. Mit dem Argument, dass das Gebäude als Mietobjekt genutzt werden könnte, biss sich die Gemeinde beim Landesverwaltungsgericht die Zähne aus. Eine Revision wurde zurückgewiesen.

Kleinbeigeben möchte Arbesser aber noch nicht; die Anrainer haben sich erneut an die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gewandt, im Zuge dessen beantragte die Gemeinde auch eine Überprüfung, ob „in gewerberechtlicher Sicht Handlungsbedarf bestehe“.

Gebäude-Eigentümer Yaniv Kaikov will von all dem nichts mehr hören. „Ich vermiete nur Einheiten, und das mindestens drei Jahre. Das hat der Bürgermeister bei einer Begehung erst selbst geprüft. Und ich habe vom Land NÖ auch recht bekommen“, sagt er. Eine gewerberechtliche Nutzung würde laut ihm nur dann vorliegen, wenn die Räumlichkeiten kurzzeitig vermietet werden und Serviceleistungen angeboten werden – wie in einem Hotelbetrieb eben. Laut der Website der Wirtschaftskammer eine Argumentation, die durchaus schlüssig ist – wobei auch festgehalten wird, dass in solchen Fällen jeweils der Einzelfall bewertet werden muss.

„Tue nichts Böses“

„Ich tue hier nichts Böses“, hat Kaikov von den Diskussionen um das Gebäude genug. Vor fünf Jahren hat er es gekauft. Mehrmals habe er versucht, die Immobilie wieder zu verkaufen – jedoch ohne Erfolg. „Darum blieb mir nichts anderes übrig, als das Projekt durchzuziehen. Sonst hätte ich viel Geld verloren“, sagt er. Er habe eine Ruine übernommen – und daraus ein einwandfreies Gebäude gemacht. „Es gibt hier keine Mängel mehr, die Baubehörde hat das geprüft. Und auch ein Gutachten hat das bestätigt.“

Kaikovs Mieter seien Studenten, Arbeiter und auch Menschen aus der Ukraine. Diese seien aber – ebenso wie er – mit rassistischen Äußerungen und Beschimpfungen konfrontiert. Auch Vandalenakte hätte es schon gegeben, wie ein zubetonierter Wasseranschluss. Noch nie sei dem Geschäftsmann so viel Hass entgegengebracht worden. „Was hier passiert, ist völlig übertrieben.“

Kommentare