Corona-Fonds in NÖ: 31,3 Millionen Euro für ein bisschen Frieden
Es ist der umstrittenste Punkt im schwarz-blauen Koalitionspakt in Niederösterreich: der millionenschwere Corona-Fonds, der unter anderem die Rückzahlung von verfassungswidrigen Covid-Strafen ermöglichen soll.
Am Dienstag präsentierten ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und ihr FPÖ-Stellvertreter Udo Landbauer nun die ersten Details zu dem Vorhaben, das im Vorfeld auch für heftige Kritik gesorgt hatte. Mikl-Leitner verteidigte die Pläne. Man wolle „Gräben schließen“, sagte sie. Landbauer sprach von einem „Wind der Gerechtigkeit, der nun durch das Land weht“.
Was ist der Corona-Fonds und was soll er können? Der Fonds wird mit 30 Millionen Euro dotiert. Das Geld kommt aus dem laufenden Budget. In den Topf fließen zusätzlich noch Strafgelder in der Höhe von 1,3 Millionen Euro, die während der Pandemie an das Land gingen. Der Fonds soll am 25. Mai im Landtag beschlossen und noch vor dem Sommer aktiv werden. Er ist für maximal zwei Jahre eingerichtet.
Wer darf auf Geld hoffen? Antragsberechtigt sind natürliche und juristische Personen mit Hauptwohnsitz bzw. Sitz in Niederösterreich.
Welche Corona-Strafen werden zurückerstattet? Jene, die von verfassungswidrigen Corona-Strafen betroffen waren, sollen von der
Behörde automatisch angeschrieben und gebeten werden, ihre Kontonummer anzugeben. Der Betrag werde dann überwiesen, kündigte der für den Fonds zuständige Landesrat Christoph Luisser (FPÖ) an. Ein Rundruf des Landes bei den zuständigen Bezirkshauptmannschaften soll ergeben haben, dass es sich insgesamt um rund 700 Strafen mit einer Gesamtsumme von etwa 200.000 Euro handeln dürfte.
Welche Delikte haben sich im Nachhinein als verfassungswidrig dargestellt? Da wird die Sache schon komplizierter. Luisser beruft sich auf Nachfrage auf den Datenschutz, will keine konkreten Beispiele nennen. Freilich gab es aber in der Vergangenheit einige Corona-Regeln, die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Nachhinein gekippt wurden. Für Schlagzeilen sorgte etwa der Besitzer eines Fischteichs, der aufgrund eines Betretungsverbotes für Freizeitbetriebe gestraft wurde. Begründet wurde das damit, dass der Mann nicht ausreichend dafür gesorgt habe, dass das Gelände nicht von anderen Personen aufgesucht wird. Der Fischteichbesitzer ging in Berufung und bekam recht. Auch Geld für Anwaltskosten soll beim Land beantragt werden können.
Wer soll von dem Fonds noch profitieren? Geld wird unter anderem an Vereine fließen, die Leistungen anbieten, um coronabedingte Probleme von Kindern und Jugendlichen zu bekämpfen. Auch die medizinische Betreuung von Menschen mit ärztlich bestätigten Impfbeeinträchtigungen und die Behandlung von psychischen Problemen sowie Therapien – insbesondere von jungen Menschen – soll gefördert werden. Zudem soll der Fonds helfen, durch die Pandemie ausgefallene Schulland- oder Skiwochen nachzuholen.
Wie soll die Abwicklung laufen?Dazu machte die schwarz-blaue Koalition keine genauen Angaben. Nur so viel: Für Rechtsberatungen, die mit Kosten verbunden waren, wird es ein Antragsformular geben. Bei den Unterstützungen für Kinder und Jugendliche ist ein Gutschein-System geplant.
Wird der Corona-Fonds rechtlich halten?Ja, sagen ÖVP und FPÖ. Es sei alles geprüft worden, Gutachten würden die Rechtskonformität attestieren.
An anderer Stelle ist man sich da allerdings nicht so sicher. Bereits im Vorfeld der schwarz-blauen Präsentation hatte Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker angekündigt, dass der Corona-Fonds genau geprüft werde. „Ich finde das Signal nicht gut. Die Coronahilfen laufen aus. Warum man jetzt einen neuen Fonds erfindet, muss begründet sein. Der Rechnungshof wird sich diesen Fonds anschauen“, kündigt Kraker in einem Interview an. Und weiter: „Dass ein Staat Strafen übernehmen soll, die er selbst ausgesprochen hat, finde ich seltsam. Es wirkt nicht ganz gerecht.“
Was sagen die anderen Parteien in Niederösterreich zu den Plänen von Schwarz-Blau? Die Neos sprechen von einem „ersten Schritt in Richtung Wiedergutmachung“, üben jedoch auch Kritik. „Persönlich hätte ich mir einen stärkeren Schwerpunkt auf Kinder und Jugendliche sowie auf Schulen gewünscht. Etwa wenn es um Sozialarbeit, zusätzliches pädagogisches Personal oder die Psychotherapie auf Krankenschein geht“, sagt die pinke Landesparteivorsitzende Indra Collini.
Skeptisch zeigt man sich auch bei den Sozialdemokraten. „Es kann nicht sein, dass auf die vielen Tausenden Ehrenamtlichen, die sich freiwillig in der Corona-Pandemie engagiert haben und Übermenschliches geleistet haben, bei so einem Fonds vergessen wird“, betonte Sven Hergovich, Chef der niederösterreichischen SPÖ .
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