Corona als Sündenbock: Wirt in NÖ wegen Wiederbetätigung verurteilt

Corona als Sündenbock: Wirt in NÖ wegen Wiederbetätigung verurteilt
Prozess: 14 Monate bedingte Haftstrafe nicht rechtskräftig. Turbulenzen im Gerichtssaal.

Eine ganze Reihe von Gründen für sein Scheitern als Wirt im südlichen Niederösterreich hat der Angeklagte identifiziert. Er selbst gehört nicht dazu. „Ich bin ein begnadeter Koch. Der Beste in Österreich für die griechische Küche“, sagt er. Und auch nicht der verurteilte Neonazi Gottfried Küssel. Denn: „Er ist jetzt mein bester Freund.“

Doch deswegen sitzt der 55-Jährige nicht auf der Anklagebank im Landesgericht Wiener Neustadt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Verharmlosung des Nationalsozialismus vor, weil er die Verbrechen des NS-Regimes mit Maßnahmen der Bezirkshauptmannschaft gegen sein Lokal verglichen habe.

Denn der Grieche führt seit Jahren eine persönliche Fehde mit der Bezirksbehörde. Wegen Verstößen gegen die Lockdown-Bestimmungen wurde er mehrmals zu Geldstrafen verurteilt. Eine Maske zu tragen lehnte er ab. Denn: „Atmen ist ein von Gott gegebenes Recht.“ Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen seien schuld an seinem Unglück. „Es gab Spritzen und Masken, aber es gab keine Krankheit“, ist der 55-Jährige überzeugt.

Polizeieinsatz im Saal

Er fühlt sich von der Behörde verfolgt. Ebenso vom Verfassungsschutz, der auf sein Lokal, dem mittlerweile die Betriebsgenehmigung entzogen wurde, als „NÖ Parteizentrale Bündnis-Grundrechte“ ein wachsames Auge hat – unter anderem wegen eines Besuchs von Küssel. Innenminister Gerhard Karner sprach von einem „Inbegriff demokratiegefährdender Parallelgesellschaften“.

Im Landesgericht sind Gesinnungsgenossen des Angeklagten mit Fahnen aufmarschiert. Als sie von der Vorsitzenden des Saales verwiesen werden, tönt es ihr höhnisch entgegen: „Fühlen Sie sich gestört? Sind Sie psychisch labil?“ Als die Polizei einschreitet, droht ihr einer aus der Gruppe: „Sie werden das alles noch zu spüren bekommen.“

Doch die Richterin lässt sich nicht provozieren, bemüht sich um eine amikale Gesprächsbasis, auf die sich der Angeklagte auch einlässt. Langatmig erzählt er von den Einschränkungen durch Corona, die seinen Betrieb ruiniert hätten. Mit dem Nationalsozialismus will er nichts zu tun haben. Mehr ist ihm aber nicht zu entlocken. „Zur Sache selbst habe ich nichts zu sagen“, stellt er klar.

Beleidigungen gegen Polizisten

Einen Polizisten diskreditierte der Mann öffentlich in sozialen Medien. Mangelnde Intelligenz und Bildung unterstellte er dem Beamten – in einem Posting, das vor Rechtschreib- und Grammatikfehlern strotzt. Auf Facebook konnte er dies nicht mehr tun, denn da wurde sein Account gesperrt. „Warum?“, will die Vorsitzende wissen. „Weil ich auf der anderen Seite war“, lautet die kryptische Antwort. „Andere Seite wovon?“, hakt die Richterin nach. „Von der Seite, auf der Facebook steht.“

Berufung gegen Urteil

Von den Geschworenen wird der 55-Jährige zu 14 Monaten bedingter Haft verurteilt – nicht rechtskräftig. Auch weil er in einem Posting die Ansicht geteilt hatte, in NS-Konzentrationslagern habe es keine Gaskammern gegeben. Dies sei „zur Hälfte richtig, zur Hälfte unterliegt er einem Tatsachenirrtum“, sagt dazu sein Anwalt.

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