Bruder niedergestochen: 39-Jähriger wird in Anstalt eingewiesen

Vier Angeklagte müssen sich vor Gericht verantworten
Behandlung paranoider Schizophrenie scheiterte. Nur Zentimeter entschieden bei Messerattacke über Leben und Tod.

Zu Spannungen war es zwischen dem 39-jährigen Invaliditätspensionisten und seiner Familie bereits zuvor gekommen. Einem seiner beiden Brüder schlug er im Zuge eines solchen Streits mit der Faust ins Gesicht. Am 13. Jänner dieses Jahres eskalierte die Situation dann aber im gemeinsamen Elternhaus im südlichen Niederösterreich.

Der Mann hatte sich dort mit seinen Brüdern getroffen, man spielte gerade zusammen Würfelpoker, als er "plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung ein Küchenmesser mit neun Zentimetern Klingenlänge aus der Hosentasche zog und zweimal auf seinen Bruder einstach", wie der Staatsanwalt am Montag am Landesgericht Wiener Neustadt schildert.

Nur Zentimeter neben der Halsschlagader drang die Klinge ein. Wäre die verletzt worden, hätte es für das Opfer keine Rettung mehr gegeben, bestätigt der medizinische Sachverständige. "Wie lange hätte es in einem solchen Fall bis zum Tod gedauert?", fragt der Staatsanwalt nach. "Das geht sehr schnell. Nur ungefähr eine Minute", lautet die Antwort.

"Tut mir so leid"

Weil glücklicherweise aber nur die Schulter durchbohrt und eine kleinere Oberflächenarterie verletzt worden waren, konnte der Niedergestochene durch die rasch alarmierten Rettungskräfte noch rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht und dort durch eine Operation gerettet werden. "Ich bin froh, dass ich ihn nicht schlimmer verletzt habe, das Ganze tut mir so leid", zeigt sich der 39-Jährige vor Gericht reumütig.

Auch seine Familie hat ihm vergeben. "Ich habe ihn sehr gern, aber es hat sich leider viel Hass in ihm aufgestaut aus irgendwelchen Welten, die er sich einbildet", formuliert es einer seiner Brüder als Zeuge - das Opfer selbst macht von seinem Recht Gebrauch, gar nicht aussagen zu müssen. Ebenso wie seine Mutter, die dem 39-Jährigen vor Gericht mit Tränen in den Augen in die Arme fällt

"Ich höre Stimmen"

Was ihn zu der Bluttat getrieben hat, kann der Mann nicht sagen. Seit rund zehn Jahren höre er Stimmen in seinem Kopf, erzählt er. "Sie befehlen mir, dass ich mein Gewand wegwerfen oder Blödsinn im Internet schreiben soll." Die Diagnose: paranoide Schizophrenie. Eine medikamentöse Behandlung habe kurzzeitig geholfen, dann seien die Stimmen aber wieder zurückgekehrt, sagt der 39-Jährige.

Auch mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie brachten keinen Erfolg. "Es ist sehr schwierig, die richtige Therapie zu finden, um solche Taten zu verhindern. In diesem Fall hat es leider nicht geklappt", meint der Anwalt des Mannes. Als er seinen Mandanten kurz nach der Tat in Polizeigewahrsam angetroffen habe, sei dieser "fast erleichtert gewesen, dass er verhaftet wurde." 

Einweisung in Anstalt

Weil laut Meinung der Sachverständigen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten sei, dass der 39-Jährige ähnlich gefährliche Taten erneut begehen werde, weist ihn der Geschworenen-Senat in ein forensisch-therapeutisches Zentrum ein. Rechtskräftig. 

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