Tadeusz Cichon blickt mit Sorge auf den 1. September, an dem sich sein Leben grundlegend verändern wird: 32 Jahre lang war der gebürtige Pole als Pfarrer in Österreich tätig, seit neun Jahren ist er Pfarrmoderator in Mittergrabern und Schöngrabern (Bezirk Hollabrunn). Nun steht in der Region eine Zusammenlegung der Pfarren bevor, weshalb Cichon abberufen wurde.
So weit, so gewöhnlich. Seit Jahren werden im Weinviertel Pfarren zusammengeführt, um größere Einheiten zu schaffen. Das besondere an Cichons Fall ist jedoch die Art und Weise, wie die Erzdiözese mit ihm umgegangen sein soll: Dem 64-Jährigen sei nicht nur keine neue Stelle angeboten worden, „man hat mir gesagt, dass man keine Verwendung für mich habe“, sagt er. Auch ein Sabbatjahr, das für ihn eine Überbrückung für die anstehende Pension gewesen wäre, sei ihm verwehrt worden. Für ihn bedeute das, dass er eine neue Stelle in Polen finden muss, in seiner Mutterdiözese. „Mit 1. September stehe ich ohne Gehalt da, und auch die Gesundheitsversicherung läuft aus.“
Ihm zur Seite stehen Gläubige, die er im Laufe seiner Tätigkeit kennengelernt hat: Daniela Wanek aus Mittergrabern hat eine Unterschriftenaktion gestartet, die nun an das Kardinalbüro geschickt wurde. 136 Personen haben den Verbleib Cichons in der Gemeinde unterstützt, darunter auch frühere „Schäfchen“ des Geistlichen aus seinen einstigen Pfarren.
„Ich habe Kardinal Schönborn um ein nochmaliges Überdenken und eine Stellungnahme gebeten, welche nicht ehrenwerten Gründe so ein drastisches Vorgehen, das einer Entlassung gleichkommt, rechtfertigen“, erklärt Wanek. Für sie ist der Umgang mit dem Geistlichen „ungeheuerlich“, auch weil ein Pfarrer keine Familie habe, die ihn auffangen könnte. „Angesichts des Priestermangels ist es auch völlig unvorstellbar, dass es keine Arbeit für ihn gibt.“
In der Erzdiözese Wien könne man verstehen, dass der Abschied Cichons für alle Beteiligten emotional ist. „Die Vertrautheit zwischen den Seelsorgern und den Gläubigen ist oft sehr eng, solche Proteste sind daher häufig der Fall“, erklärt Sprecher Georg Schimmerl. Außerdem bestätigt er, dass an sich jeder Priester in der Erzdiözese gebraucht wird. Es gebe demnach sicher „triftige Gründe“, warum Cichon keine Stelle mehr angeboten wurde.
Als Anfang Juli Kritik an Cichons Abberufung laut wurde, begründete die Erzdiözese die Entscheidung folgendermaßen: „Es gibt mehrere Umstände – die alle nicht ehrenrührig sind – die in seinem Fall aber zu berücksichtigen waren und die dazu geführt haben, dass wir keine Konstellation gefunden haben, die gut zu ihm passt und in die er leicht hineingepasst hätte.“
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