Besuchsdienst für Behinderte: Das Finanzamt will Geld

Franz Holzschuh, hier mit Tochter Claudia, fürchtet, dass das Besuchssystem kollabiert
Betreuer springen ab, weil der Staat für sozialen Einsatz einen Gewerbeschein verlangt.

Wie eine Bombe schlug diese Nachricht unter Menschen ein, die in ihrer Freizeit geistig Behinderte in Heimen besuchen, mit ihnen zum Friseur oder ins Gasthaus gehen: Sie sollen nach Anzeigen der Finanzpolizei Strafe zahlen, weil sie eine Aufwandsentschädigung ohne Gewerbeschein kassierten. Dann würden aber die verlangten Abgaben die Einnahmen übersteigen. Sie müssten für ihr Engagement noch zahlen.

Betroffen dürften hauptsächlich Mitarbeiter des Vereins "Vertretungsnetz Sachwalterschaft" sein, der bundesweit 6000 Klienten betreut. Alleine im Weinviertel rund 200. Das gilt auch für Franz Holzschuh: "Wenn Besucher aufhören, bricht für die Betreuten ein fundamental wichtiges System, ihr einziger Sozialkontakt nach außen, weg", fürchtet der Pensionist aus Traismauer, Bezirk St. Pölten. Er ist sogar doppelt betroffen. Einerseits macht er selber Besuchsdienste, andererseits nutzt er sie für seine körperlich schwer behinderte Tochter Claudia. "Ohne Besuchsdienst könnten meine Frau und ich nie miteinander weg gehen", erzählt er. Er besucht einen geistig behinderten Mann in Stockerau. Für zwölf Euro pro Stunde. "Ist er krank, spricht er immer von Bauchweh. Wir haben eine so enge Beziehung. Kommt er ins Spital, holt man mich, um für den Arzt zu übersetzen", erzählt Holzschuh.

Verdienst

"Die meisten Besucher bekommen 600 bis 700 Euro im Jahr. Sie verrechnen aber nur einen Teil der Zeit, die sie aufwenden und verlangen kein Kilometergeld", sagt Christian Aigner vom Vertretungsnetz, der kürzlich 50 erschütterte Betroffene im Bezirk Hollabrunn über die Behördenermittlungen informierte. "Einige haben angekündigt, dass die aufhören", erzählt er.

Holzschuh rechnet: "Mit Gewerbeschein sind im Monat 171 Euro Sozialversicherungsabgabe zu berappen. Dabei übernehmen wir schon die Getränke des Klienten, der wenig Geld hat und den Stundensatz zahlt."

Kritik kommt auch vom Landesverein für Sachwalterschaft in Niederösterreich. Geschäftsführer Anton Steurer sagt: "Wir weisen Helfer auf den Gewerbeschein hin. Aber der macht es sehr schwer, überhaupt Mitarbeiter zu finden."

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