Ausbrecherkönig auf Flucht: Gefängnis setzt mit HD-Kameras auf "Big Brother"

Heue HD-Kameras wurden rund um die Justizanstalt montiert. Sie überwachen den Innen- und Außenbereich der Strafanstalt
Kopf der Rammbock-Bande war im Februar die Flucht aus der Justizanstalt Wr. Neustadt gelungen. Dort wurde nun in die Sicherheit investiert.

Es war eine filmreife Aktion, die einen der meistgesuchten Verbrecher Österreichs nach nur acht Monaten im Gefängnis die Freiheit bescherte. Mit seiner Flucht aus der Justizanstalt Wiener Neustadt wird der 29-jährige Niederländer und Kopf der berüchtigten Rammbock-Bande vermutlich als Ausbrecherkönig in die Kriminalgeschichte Österreichs eingehen.

Nachdem es Vira A. im vergangenen Februar gelungen war, äußerst simpel und ohne die Fähigkeiten eines Houdinis aus dem Häfn auszubrechen, hat das Justizministerium die Sicherheitsmaßnahmen in und außerhalb der Justizanstalt deutlich verschärft.

Überwachung in High-Definition

Seit wenigen Tagen zieren auffällige Kameras die Anstaltsmauern, besonders an jenem Teil des Gefängnisgebäudes, aus dem Vira A. die Flucht über ein Vordach gelang. High-Definition-Kameras haben nicht nur ein Auge auf die Umgebung der Anstalt. Einige Kameras überragen, montiert auf Stahlsäulen, meterhoch die Gefängnismauern. Sie sollen jeden Winkel des Anstaltshofes und den Innenbereich der Justizanstalt überwachen.

Wie es aus dem Justizministerium auf Anfrage heißt, werden sicherheitsrelevante Vorfälle wie die Flucht von Vira A. "laufend evaluiert und es erfolgt ein multiprofessioneller Austausch" auf verschiedensten Ebenen - Generaldirektion, Anstaltsleitungen, Sicherheitsbeauftragte in den Justizanstalten, etc.

"Die laufende Kontrolle unserer Sicherheitseinrichtungen weist uns auf Optimierungspotentiale hin, die permanent verbessert werden", so eine Sprecherin. Grundsätzlich werde jeder einzelne Fluchtversuch genau analysiert, um aus diesen Erkenntnissen und Erfahrungen zu lernen und vorhandene Sicherheitsmaßnahmen entsprechend zu adaptieren.

Rechtlich geregelt ist die "Big Brother“-Aktion in Haftanstalten generell durch das Strafvollzugsgesetz. Wie es darin heißt, ist die Anstaltsleitung "zur Sicherung der Abschließung der Strafgefangenen von der Außenwelt und zur Sicherung der Ordnung in der Anstalt“ ermächtigt, eine "Echtzeitüberwachung“ mittels Videosystem vorzunehmen.

Das ist nicht nur auf Gängen, in den Werkstätten oder Arbeitsbereichen der Insassen oder in Besucher- und Vernehmungszonen, sondern auch an den Außengrenzen der Haftanstalt zulässig.

Ausbrecherkönig auf Flucht: Gefängnis setzt mit HD-Kameras auf "Big Brother"

Vira A. beim Training im Fitnessstudio der Justizanstalt vor seinem Ausbruch

Aufnahmen bleiben 72 Stunden gespeichert

In diesem Fall schreibt der Paragraf 102b StVG vor, dass der überwachte Bereich im öffentlichen Raum "möglichst gering gehalten“ werden muss. Die Aufzeichnungen dürfen auch zur Verfolgung einer gerichtlich strafbaren Handlung oder einer Ordnungswidrigkeit verwendet werden. Sofern sie nicht zur weiteren Verfolgung einer Straftat benötigt werden, sind die Aufnahmen nach spätestens 72 Stunden wieder zu löschen.

Ausbrecherkönig auf Flucht: Gefängnis setzt mit HD-Kameras auf "Big Brother"

Ob die neue Echtzeit-Überwachung die Flucht von Vira A. hätte verhindern können, lässt sich nicht seriös beantworten. Der Ausbruch brachte allerdings eklatante Sicherheitsmängel in der Wiener Neustädter Justizanstalt ans Tageslicht, auf die man intern auch reagierte.

Haftinsassen beim Krafttraining

Dem 29-Jährigen war es während des Trainings im Fitnessraum der Anstalt gelungen, auf einem Gang eine vergitterte Dachluke aufzubrechen. Er hatte dafür völlig unbeobachtet eine Hantel- bzw. Griffstange zu Hilfe genommen. Über die Luke gelangte der Ausbrecher auf ein Flachdach, wo er mithilfe eines Seils oder der Bettwäsche auf die Maximiliangasse flüchtete und Richtung Bahnhof davon lief.

Der 29-Jährige war erst im Herbst 2024 nach einigen Rammbock-Coups zu neun Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Als MMA-Boxer bewies er bereits im zarten Alter von 16 Jahren viel Durchschlagskraft bei diversen Mixed-Martial-Arts-Wettkämpfen in den Niederlanden. Von da an lebte Vira A. das gefährliche Leben eines Schwerverbrechers. Einbrüche, Drogen, gestohlene Autos, diverse Gaunereien und schließlich Bankomat- und Juwelier-Coups in diversen europäischen Ländern.

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