Archäologische Funde in Stockerau: Bruchstücke der Vergangenheit

Archäologische Funde in Stockerau: Bruchstücke der Vergangenheit
Bei Bauarbeiten wurden Relikte aus der Völkerwanderungszeit entdeckt. Diese gingen nun an das Bezirksmuseum.

In der Stockerauer Schlösselgasse wird an der Zukunft der Stadt gebaut. Wohngebäude entstehen, die bald zu einem neuen Zuhause werden. An exakt derselben Stelle, nur viele Hunderte Jahre vor unserer Zeit, hatten bereits Menschen ihre Zelte hier aufgeschlagen. Das beweisen Relikte aus der Zeit der Völkerwanderung, die bei den Bauarbeiten gefunden wurden.

„Funde aus dieser Zeit sind selten“, sagt Anthropologin Anna-Maria Kriechbaum. Denn die Menschen kamen selten an einen Ort, um lange zu bleiben: Zwischen 375 und 568 nach Christus zogen verschiedene Völkerstämme durch das heutige Europa, ihr Leben war rastlos und ist wissenschaftlich wenig erforscht.

Umso größer war die Überraschung, als sich im März 2022 drei unscheinbare Verfärbungen auf dem Boden der Baustelle als Sensationsfunde entpuppten; es wurde die letzte Ruhestätte einer Frau gefunden, nur Teile ihrer Knochen waren noch vorhanden. Links und rechts von ihr wurden zwei Mädchen beigesetzt.

➤ Mehr lesen: Stockerau: Grabstätten aus der Völkerwanderungszeit entdeckt

Die Gräber datieren aus dem 5. Jahrhundert. Kleine Glasperlen, eine verzierte Knochenperle und ein Amulett aus Knochen waren den Verstorbenen beigelegt worden. Zudem fand sich eine Fibel, also eine Gewandnadel aus Buntmetall. Sie zählte zu den typischen Bestandteilen einer ostgermanischen Frauentracht.

Archäologische Funde in Stockerau: Bruchstücke der Vergangenheit

Die SÜBA Bau und Projekterrichtungs GmbH übergab im Vorjahr die Funde an das Stockerauer Bezirksmuseum, das im Belvedereschlössl beheimatet ist. Und diese Woche durfte sich die Stadtgemeinde über eine weitere Schenkung freuen.

Unentdecktes Grab

Die gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Frieden, die ebenfalls auf dem Areal baut, konnte weitere Spuren der Vergangenheit finden. Es wurden Gräber aus der Völkerwanderungszeit freigelegt, die Beraubungsspuren aufwiesen.

Eine Ruhestätte war jedoch von den Dieben unentdeckt geblieben; im bisher ungestörten Grab einer Frau wurden bemerkenswerte Funde gemacht. Neben einem Keramikgefäß und Armketten sind vor allem zwei gut erhaltene Bügelfibeln in ostgermanischer Tracht als besonders beachtenswerte Fundstücke zu nennen.

Archäologische Funde in Stockerau: Bruchstücke der Vergangenheit

Die Entdeckungen aus den Grabungen in der Schlösselgasse sollen nun wissenschaftlich ausgewertet und im Rahmen einer Sonderausstellung im Bezirksmuseum der breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Ebenso wie weitere Relikte, die die Geschichte von Stockerau nachzeichnen, im Museum zu sehen sind: Bereits entdeckt wurden Bruchstücke von Keramikgefäßen und Tierknochen aus dem Hochmittelalter. Die älteste Siedlungstätigkeit reicht bis in die Römerzeit zurück.

Kommentare