Gefahr in den Bergen: Einsätze in NÖ mehr als verdoppelt

Die Alpinpolizei mit Hubschrauber auf einem Berg
Alpinpolizei präsentiert alarmierende Statistik. Einsätze in NÖ in 10 Jahren rasant gestiegen. Ausbildung neuer Polizei-Hochalpinisten rund um Großglockner.

Im "flachen" Niederösterreich passieren bereits weit mehr Berg- und Alpinunfälle als in Kärnten oder Oberösterreich und bereits beinahe so viele wie in der alpinen Steiermark

Der Trend beim Bergsport geht speziell in der Nähe von Ballungszentren wie Wien, Bratislava oder Budapest steil nach oben. Das schlägt sich besonders bei den Unfallzahlen in NÖ nieder. Im Zehnjahresvergleich hat sich die Zahl der Bergunfälle und damit die Einsätze von Alpinpolizei und Bergrettung im Bundesland mehr als verdoppelt.

Die Alpinpolizei hat vor wenigen Tagen ihre jüngste Einsatzstatistik präsentiert. Und die verheißt nichts Gutes, wenn man sich die Entwicklung in den niederösterreichischen Ausflugs- und Tourismusdestinationen ansieht.

Von 1. November 2024 bis 16. September dieses Jahres zeigt die Bilanz in NÖ 624 Alpinunfälle mit 18 Todesopfern. Die Vergleichszahlen verdeutlichen den markanten Anstieg: Im selben Zeitraum 2023/2024 waren es 594 Unfälle mit 16 Toten und vor zehn Jahren in der Saison 2014/2015 gar "nur" 295 Unfälle (14 Todesopfer).

Outdoor-Erlebnisse sind im Trend

Die Entwicklung ist dem allgemeinen Trend geschuldet, wonach Wandern, Klettern, Bergsport und Outdoor-Erlebnisse generell einen wahnsinnigen Boom erleben, erklären der Leiter der Alpinpolizei im Innenministerium, Hans Ebner, und Roland Groll von der Alpinpolizei NÖ.

Dass gerade in Niederösterreich die Zahl der Alpinunfälle derart in die Höhe schnellt, überrascht die Experten nicht. Rax, Schneeberg, die Hohe Wand und die Voralpen sind die erste Adresse für das Millionenpublikum aus dem Ballungsraum zwischen Wien, Ungarn und Tschechien, wenn es um eine Bergtour geht.

Selbstüberschätzung, mangelnde Tourenvorbereitung oder zu geringe Bergkenntnisse sind laut Groll die häufigsten Ursachen für Not- und Unfälle. Dazu komme das blinde Vertrauen in diverse Handy-Apps, die in alpinen Regionen oft in "Sackgassen" führen.

Vom Lawinenunglück bis zum Canyoning-Unfall

Da bei den Einsätzen oder Hubschrauberbergungen in steilen Felswänden, bei widrigsten Wetterbedingungen wie Eis und Schnee oder nachts bei Dunkelheit jeder Handgriff sitzen muss, braucht es es für den Alpindienst top ausgebildete Beamte - mit Fachkenntnissen in allen Bergsportdisziplinen.

Sie retten und bergen nicht nur, sondern ermitteln nach Kletter-, Mountainbike-, Rodel-, Canyoning- oder Forstunfällen, nach Lawinenunglücken oder leiten Suchaktionen mit Unterstützung der Flugpolizei. Bundesweit gibt es in 29 Alpinen Einsatzgruppen (AEG) etwa 530 AEG-Beamte, 35 davon in Niederösterreich.

Kurs der Alpinpolizei NÖ auf dem ausgesetzten Felsgrat des Glödis.

Kurs der Alpinpolizei NÖ auf dem ausgesetzten Felsgrat des Glödis.

Im September hat die Landespolizeidirektion in ihren eigenen Reihen neue Polizei-Hochalpinisten ausgebildet. Dafür musste die Truppe um Landesausbildungsleiter Bernd Wagner auf der Lucknerhütte in 2.241 Metern in der Glocknergruppe in Osttirol "einchecken".

Antiterror-Spezialisten am Seil

Ausgebildet wurden nicht nur die eigenen Beamten, sondern auch Spezialisten des Sondereinsatzkommandos Cobra. Am Teischnitzkees auf 3.200 Metern Höhe wurden durch die Bergführer Themenschwerpunkte wie Steigeisen- und Pickeltechnik, Grundschule im Eis, Spaltensturz und Spaltenbergung sowie Ausrüstungskunde und Orientierung geschult.

In der Woche standen Übungen auf einigen der anspruchsvollsten Gipfel, die Österreich zu bieten hat, am Ausbildungsplan. Bestiegen wurden dabei der Glödis (3.206 m), auch als Matterhorn der Schobergruppe bezeichnet, die Hofmannspitze (3.722 m), die Glocknerwand (3.721 m) und der Großglockner (3.798 m) jeweils über anspruchsvolle Grate.

Die Polizei-Hochalpinisten am Gipfel des Großglockners.

Die Polizei-Hochalpinisten am Gipfel des Großglockners.

Führungsqualitäten am Gletscher

Das Hauptaugenmerk war unter anderem auf die richtige Führungstechnik am Gletscher sowie auf Felsgraten gerichtet. Verschiedenste Rettungstechniken wurden in der Praxis trainiert, so Wagner.

Mit von der Partie war auch ein bekanntes Gesicht. Ex-Skirennläufer Marc Digruber schloss wie alle anderen Teilnehmer die kommissionelle Prüfung positiv ab.

Der Kurs endete für die Teilnehmer mit einer kommissionellen Prüfung

Der Kurs endete für die Teilnehmer mit einer kommissionellen Prüfung

Vorzugsschüler am Berg

Eine Leistung stach besonders heraus. Nämlich jene des 29-jährigen Lukas Zöchling aus Traisen (Bezirk Lilienfeld). Der Revierinspektor der Polizeiinspektion Gaming (Bezirk Scheibbs) schloss die Prüfung mit ausgezeichnetem Erfolg ab.

"So wie sechs der sieben Kurse in den vergangenen beiden Jahren seiner Ausbildung zum Polizei-Hochalpinisten. Eine außergewöhnliche und bewundernswerte Leistung", gratulieren Wagner und der Chef der Alpinpolizei NÖ, Major Michael Hochgerner.

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