Die Einsatzorganisation hat 2024 in NÖ insgesamt 797 Einsätze verzeichnet, das sind um 40 mehr als im Jahr davor. Damit war es für die ehrenamtlichen Helfer nach 2021 "eines der stärksten Jahre in der Geschichte".
Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch 684 Einsätze, etwa ein Sechstel weniger.
Eines sticht in der Bilanz des Vorjahres besonders heraus. "Noch nie mussten wir so viele Unverletzte retten", meint Weber. 257 bzw. ein Drittel aller Alarmierungen waren fehlender Ausrüstung, Kondition oder mangelndem Können sowie schlechter oder gar keiner Tourenvorbereitung geschuldet.
Teenager in Sneakers auf dem Schneeberg
Vor einigen Jahren machten solche "vermeidbaren Einsätze" gerade einmal 20 Prozent aus. Die herrschenden Bedingungen im Gebirge werden von vielen völlig "missinterpretiert oder unterschätzt".
Ein Beispiel? Derer gibt es genug, die Einsatzkräfte können bei ihren Schilderungen aus dem Vollen schöpfen. In Jogginghosen, mit offenen Sneakers und ohne jegliche Winterausrüstung waren drei junge Teenager aus Wien kürzlich auf den 2.076 Meter hohen Schneeberg geklettert.
Bei Nebel, minus 9 Grad und Sturmböen mussten Bergretter sie nach dem Notruf zu Fuß aus der lebensgefährlichen Situation befreien. Mehr als fünf Stunden waren sie dafür bei widrigsten Verhältnissen unterwegs.
Im Sommer wurden ein Vater und sein Sohn, die beide Turnschuhe trugen und sich auf eine Handy-App verließen, gemeinsam mit der Flugpolizei gerettet. "Das zeigt, dass Niederösterreichs Berge nicht nur eine große Faszination auf die Menschen ausüben, sondern zugleich die wohl am meisten unterschätzte Gefahr sind", sagte Weber.
Tour trotz Wetterwarnung
Im vergangenen Dezember wurden bei der Lawis-Wetterstation beim Klosterwappen auf dem Schneeberg im Zuge eines Sturms Orkanböen bis 240 km/h aufgezeichnet. Allen Wetterwarnungen zum Trotz hatten sich an diesem Tag zwei Frauen für eine Bergtour auf die Rax entschieden. Wegen des Sturms setzten sie einen Notruf ab und mussten von den Bergrettern in Sicherheit gebracht werden.
Das sind nur einige von über 250 Einsätzen im Vorjahr, "die stellvertretend für den Leichtsinn der Menschen stehen, unbedacht im alpinen Gelände unterwegs zu sein", heißt es bei den Einsatzkräften.
Über die Jahre seien aber nicht nur die Einsatzzahlen gestiegen, sondern auch die Art und die Verteilung der Einsätze. Mussten die Bergretter früher noch fast ausschließlich am Wochenende ausrücken, geraten die Menschen heute auch unter der Woche, in der Nacht, bei Sturm und Eiseskälte oder anderen Extremsituationen in Bergnot.
Bei Schlechtwetter, in der Nacht . . .
Die Bergretter führen dies auf das gestiegene Bedürfnis der Menschen nach Freiheit in den Bergen zurück. Sehr stark spürbar sei dieser Trend seit der Corona-Pandemie.
So ist es zu erklären, dass im Vorjahr knapp 90 Einsätze in der Nacht endeten. Etwa genauso viele Einsätze mussten laut Weber bei Schlechtwetter abgearbeitet werden. "Schlechtwetter- und Schneelagen sowie Jahres- und Tageszeiten stellen heutzutage für Menschen keine Hindernisse mehr dar, um Touren aller Schwierigkeitsgrade zu starten", sagt der Landesleiter.
Hilfe auch im Flachland
Auch wenn es der Name nicht vermuten lässt, beweist die Bergrettung im Katastrophenfall auch Kompetenz im Flachland. Die Hochwasser-Katastrophe im vergangenen Herbst war besonders für eine Spezialeinheit der Bergrettung fordernd. Die Canyoning-Gruppe konnte in Zusammenarbeit mit der Flugpolizei und dem Kompetenzteam Canyoning der Polizei 30 Personen vor dem sicheren Erfrierungs- oder Ertrinkungstod aus den Fluten retten.
"Die enorme Kraft des Wassers und die Gefahren von versunkenen Hindernissen wie Zäunen, Landmaschinen etc. haben diesen Einsatz für alle sehr gefährlich gemacht", so die Bergrettung.
Kommentare