Auch die Wolfbegegnung der 87-jährigen Mitzi Puchmann macht im 250-Seelen-Dorf die Runde. "Wem gehört denn der graue große Hund, der da frei herumrennt", hatte sie beim mittägigen Eintreffen im Gasthaus Braunstein gefragt. Dass zehn Schritte vor ihr ein Wolf an der Wirtshaustür vorbeispaziert ist, wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand.
"Dann am Nachmittag haben die Leute bereits die Facebook-Bilder bei uns in der Gaststube hergezeigt. Ich muss sagen, dieses Tier hat doch etwas Unberechenbares, vor allem wenn es wirklich krank sein sollte", sagt Wirtin Monika Braunstein. Mitzi Puchmann nimmt ihr Erlebnis mit Humor: "Er ist so langsam und wackelig dahingelaufen wie ich selbst", scherzt sie mit dem KURIER-Reporter.
Dass da möglicherweise wirklich ein verletztes Tier auf der L66 die Kreuzung mit der Franz-Josefs-Bahn gequert und dem Lärm der vielen durchfahrenden Holzlaster getrotzt haben könnte, stimmt auch den Gmünder Bezirksjägermeister Ernst Strasser bedenklich. "Der Wolf dürfte am linken Vorderlauf verletzt sein. Das verschlechtert die Sache", meint der erfahrene Weidmann. Ein verletzter Wolf habe in freier Wildbahn weniger Chance auf Nahrung und könnte so noch gefährlicher für die Siedlungen sein.
Das auffällige Verhalten des Tiers bezeichnet auch der amtliche Wolfsbeauftragte Aldin Selimovic als "besorgniserregend". Vermutungen der Jäger, wonach das Tier an der Pfote verletzt sein könnte und das der Grund für das Eindringen ins Ortsgebiet sei, teilt er nach dem Studium der Bilder und Videos aber nicht. Er rät, das Tier genau zu beobachten und danach die weiteren Maßnahmen abzuwägen.
Nachdem es gelang, den Streunerwolf in Pürbach zu fotografieren, wurde er kurze Zeit später im drei Kilometer entfernten Langschwarza gefilmt. Auch am Video scheint es kurz, als ob das Tier hinken würde. „Wir standen zu viert auf einer Koppel, als die Pferde scheuten und wir den Wolf durch die Koppel laufen sahen“, erzählt Züchterin Ulrike Krögler. Ihr Mann wollte ihn schreiend vertreiben, da hielt er inne und beobachtete die Gruppe.
"Ich mache mir natürlich Sorgen, wir haben trächtige Stuten und Fohlen von teuren Zuchtpferden auf den Weiden", sagt die Pferdehof-Chefin. Zum Glück sei ihr Hund nicht dabei gewesen; "wer weiß, wie der Wolf dann reagiert hätte". Grundsätzlich sei jetzt in der Gegend eine Debatte über die nahen Wolfsrudel in der Allentsteiger Gegend ausgebrochen.
Deren zahlenmäßige Entwicklung beobachte man seit Jahren, schildert Bezirksjägerchef Strasser. Bei vier offiziellen Rudeln müsse man mit rund 32 Jungen rechnen. Damit sei klar, dass sich die Population ausbreiten wird, so der Weidmann, der schätzt, dass bereits sechs Rudel im Waldviertel leben. Mit den Pürbacher Jadaufsehern und der Bezirksbehörde stehe er laufend in Kontakt, so Strasser.
Nach den Sichtungen am Mittwoch wurde am Donnerstag im zehn Kilometer Luftlinie entfernten Gerweis eine weitere Wolfsichtung gemeldet. Unklar ist, ob es der Pürbacher Wolf war. Auch wenn das auffällige Tier aufgrund der Wolfsverordnung wohl schon beim nächsten Antreffen geschossen werden dürfte, "wollen wir zuerst eine Vergrämungsaktion starten", so Strasser. Doch der Punkt, ab dem die Jäger verpflichtet sind, das Tier zu entnehmen, sei nicht mehr weit. Geschossen dürfe innerhalb von Ortschaften aber nicht werden.
Kommentare