Akuter Personalmangel in NÖ: 45.000 Arbeitsplätze sind nicht besetzt
Immer mehr Unternehmen können Aufträge nicht übernehmen, weil ihnen das Personal fehlt. Dieser Mangel kostet den Betrieben bis zu 400 Millionen Euro pro Jahr
Die Folgen der Corona-Pandemie haben die Wirtschaft hart getroffen. Nur mit Milliardenhilfen des Staates konnten viele Unternehmen vor dem Aus und dadurch Jobs gerettet werden.
Spricht man mit Experten, dann sehen sie auf die Tausenden Betriebe im Land aber eine noch größere Gefahr als Omikron und Co. zukommen: den Arbeitskräftemangel.
Kleine Betriebe stark betroffen
Annahme finden sie in einer aktuelle Studie der KMU Forschung Austria, die die dramatische Situation verdeutlicht. Aus der Befragung von 1.220 Unternehmen geht hervor, dass rund jede zehnte Arbeitsstelle nicht mehr besetzt werden kann. Das entspricht etwa 45.000 Arbeitsplätzen. Betroffen von der Misere sind vor allem kleinere Betriebe.
„Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, wir haben einen Personalmangel. Alle Branchen sind davon betroffen“, berichtet Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ).
Besonders trist ist die Lage im Gastgewerbe bzw. Tourismus, am Bau, in der Metallindustrie und auch bei den Verkaufskräften. Als Gründe für die Besetzungsschwierigkeiten nennen die befragten Unternehmen mehrere Faktoren. Zum einen würden kaum Bewerbungen einlangen, oft seien aber auch die Qualifikationen und Fähigkeiten der Bewerber unzureichend. Die „mangelende Akzeptanz der Arbeitsbedingungen“ wird ebenfalls häufig genannt.
Belastungen
Die Konsequenzen daraus sind gravierend: Für die betrieblichen Abläufe bedeutet das zusätzliche Belastungen. Viele Unternehmen können Aufträge nicht mehr übernehmen, weil ihnen Arbeitskräfte fehlen. „Der Fachkräftemangel wird immer akuter. Laut letzten Daten kostet dieser Mangel den Betrieben rund 400 Millionen Euro pro Jahr – Tendenz steigend. Das entspricht einem BIP-Wachstum von 0,7 Prozent, das nicht realisiert werden kann.“
Arbeitsbedingungen
Tatsächlich setzen jene, die betroffen sind, selbst viele Maßnahmen, um die dringend benötigten Arbeitskräfte zu bekommen. Laut Thomas Oberholzner, der mit seinem Team die Studie erstellt hat, sei nur bei einem Viertel der Unternehmen keine Anstrengungen erforderlich gewesen, um die Personalsituation zu verbessern. Bei dem Großteil stehen die Rekrutierung älterer Arbeitskräfte (50+), Hilfe aus dem Ausland, Weiterbildung und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen besonders im Fokus.
Entscheidend sei laut Wirtschaftskammer, dass die Betriebe in ihrem Bemühen um das nötige Personal „nicht allein gelassen werden“. „Da ist die öffentliche Hand ebenso gefordert wie die Gesellschaft“, sagt Ecker.
Steuerliche Anreize
Zugleich drängt der WKNÖ-Präsident auf steuerliche Anreize für Qualifizierungsmaßnahmen im Betrieb und neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik. Dort genüge es nicht, immer nur auf Höherqualifizierungen zu schauen. „Es muss möglich sein, nicht nur Höherqualifizierungen zu fördern, sondern Qualifikationen generell, um alle Bedürfnisse der Wirtschaft abdecken zu können. Nur dann sind wir wirklich am Puls der Betriebe.“
Lehre und Studium
Seitens der Wirtschaftskammer wurden in der Vergangenheit ebenfalls schon einige Maßnahmen gesetzt, um das Image der Lehre zu steigern. Unter anderem wurde das österreichweit einzigartige Modell Lehre und Studium mit der Fachhochschule St. Pölten initiiert. Dazu kommen noch Aktionen wie der „Talente-Check“, „Let’s Walz“ (Auslandspraktikum für Lehrlinge) und die Webinarreihe „Elternpower“.
„Wir haben uns ein Jahr lang auch intensiv mit dem Generationenmanagement auseinandergesetzt, um Unternehmen dabei zu unterstützen, junge Menschen zu gewinnen, zu binden und führen“, erklärt WKNÖ-Direktor Johannes Schedlbauer. Die neue Vortragsreihe zu diesem wichtigen Thema startet am 26. Jänner, weitere Informationen zu den Projekten und Angeboten sind auch im Internet unter www.wko.at zu finden.
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