18-Jähriger vermisst: "Das ist wie Folter"

18-Jähriger vermisst: "Das ist wie Folter"
Seit Wochen ist ein 18-Jähriger aus NÖ abgängig. Die Eltern bangen. Erinnerungen an den Fall Kührer werden wach.

Das is wie a Folter. Das kann sich niemand vorstellen." Franz Kendler, 48, und seine Ehefrau Christine, 47, aus Rohrbach (Bezirk Lilienfeld) in Niederösterreich leben in einem kleinen Paradies. Ein schmuckes Haus am Siedlungsrand neben Wiesen, Goldfisch-Biotope, Enten, Hühner, Hasen, Hund und Katze, der Gölsenfluss rauscht vorbei. Doch das Paradies hat einen grausamen Riss: Sohn Franz ist seit sieben Wochen spurlos verschwunden. Der 18-jährige Zimmererlehrling kam vom "Mairock"-Fest im 20 Kilometer entfernten Wilhelmsburg nicht mehr heim.

"Man rennt am Stand und geht im Kreis", sagt der Vater. Schwarze Ringe rahmen seine Augen, er ist abgemagert. "Am Tag geht’s noch halbwegs, aber in der Nacht ...". Da helfen selbst Schlafpulver und Psychopharmaka nicht. "Du legst di um zehn nieder, um eins bist munter und das Radl fangt zu rennen an." Kopfzerbrechen mit stechendem Seelenschmerz, was mit dem Buben geschehen sein könnte und wo. "Net nur einmal hab i mi ins Auto gesetzt und bin hingefahren, wo i mir dacht’ hab, vielleicht find i a Spur."

Leben für Tiere

Immer dabei: Münsterländerhund "Asta", der wie Perserkatze "Schnurli" mit traurigem Blick durchs Haus schleicht. "Der tät’ garantiert anschlagen, wenn der Franz wo wäre." In Gehegen wieseln possierliche Zwergnackthalshühner umher, gegenüber hocken süße Dalmatiner Rex-Hasen. "Das war sein Leben", sagt der Vater. Der Bub war Kleintierzüchter aus Leib und Seele, vielfacher Preisträger schon.

"Ende Juli wär ma nach Leipzig gefahren, zur Europaschau und zu Bekannten, Viecherl einkaufen", schildert Franz Kendler. "Da hat sich der Bua schon so gefreut drauf." Undenkbar deshalb, dass der Junior einfach abgehauen, aus einem so geordneten Leben ausgestiegen wäre oder es gar selbst beendet hätte. "Er war a Familienmensch und er hat einfach zu viele Ziele gehabt." Außerdem hätte er jetzt den Führerschein gemacht, "mir warn schon Auto anschauen", und vor drei Wochen wäre die Gesellenprüfung angestanden. "Sein Chef sagt, die hätt’ er mit links geschafft."

Selbst im Herrgottswinkel vermag das gläubige Paar nicht zur Ruhe zu kommen, das Telefon steht gegenüber. "Man zuckt bei jedem Anruf zusammen. Habens ihn gefunden, is er’s gar selber oder wieder nur ein Spinner." Wahrsagern und Hellsehern schenken die Kendlers gar kein Gehör mehr.

Hilfsbereitschaft

"Was uns wirklich aufrechthält, ist die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung", schildert der Vater. "Ich hab’ mir nie gedacht, dass es so etwas noch gibt. Wildfremde Leute rufen an und fragen, ob man was braucht." Zuwendung von allen Seiten. Bis zum Gugelhupf, den ein Spitals-Oberarzt vorbeibrachte und dem Anruf des Weihbischofs, bei Behörden behilflich zu sein. Und da sind auch noch Hunderte Freiwillige, die bei Suchaktionen dabei waren. "Hut ab, was die machen." Christine Kendler steht im leeren Zimmer des Sohnes, sein Plüschkrokodil "Maxl" im Arm. Alles ist so, wie es der 18-Jährige verlassen hat. "Der Franz war so verlässlich, er ist nie auch nur eine Minute zu spät gekommen." Verzweifelt sucht das Paar nach einer Erklärung. "Er hat was beobachtet, was er net sehen hätt’ sollen", meint der Vater. Einen Drogendeal oder Einbrecher und das sei ihm zum Verhängnis geworden. "Das ist meine These."

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